
Gewalt gegen Politiker
Eine Kolumne von Thomas Baumann
Beleidigungen, Beschimpfungen, Kränkungen – für die Jungmannschaft des „Walliser Bote“ Hans was Heiri. Ein Quäntchen juristischer Sachverstand würde nicht schaden.
Wie jedes ernst oder nicht ernst zu nehmende Medium entdeckte auch der „Walliser Bote“ das Thema „Staatsverweigerer“ für sich. Dabei scheint es sich vorerst um ein eher begrenztes Phänomen zu handeln. Denn in fast allen Berichten schweizweit kommen quasi ausschliesslich Betreibungsbeamte zu Wort. Die Staatsverweigerung scheint sich also im Nichtbezahlen von Rechnungen zu erschöpfen. Oder anders gesagt: Der Medien-Berg hat eine Informations-Maus geboren…
Wie sich die Zeiten doch geändert haben! Früher beging man Selbstmord, wenn der Betreibungsbeamte kam – heute geht man stattdessen auf den Betreibungsbeamten los. In der Summe sterben wohl deutlich weniger Menschen. Es wäre nicht gänzlich falsch, dies als Fortschritt zu werten.
Dies wohlgemerkt, immer unter der Voraussetzung, dass sich daran nichts ändert – dass also Betreibungsbeamte nicht an Leib und Leben gefährdet sind.
Spiritus Sanctus Amen
Ein anderes beliebtes Thema sind verbale und nicht-verbale Attacken auf Politiker. Wobei es hierzulande meist bei verbalen Belästigungen bleibt – die eine oder andere Bierdusche ausgenommen.
84 Amtsträger im Kanton Wallis – Gemeinderäte, Grossräte, National- und Ständeräte – haben ihre Erfahrungen mit Pomona geteilt. Fazit: „Beleidigungen sind an der Tagesordnung“.
Dabei wirft der Artikel die Begriffe „Beleidigung“ und „Beschimpfung“ wild durcheinander. Teilweise in demselben Satz. Dazu noch „harsche Kritik“, „Kränkungen“ – für die Jungmannschaft beim „Walliser Bote“ offenbar Hans was Heiri. Schliesslich hat man im Kollegium Spitus Sanctus gelernt: Ein Text wird erst dann gut, wenn man die Wörter schön variiert. Amen!
Und so wird eben aus einer Beschimpfung eine „harsche Kritik“ oder eine „Kränkung“. Der juristische Tatbestand lautet hingegen: Beschimpfung. Man täte gut daran, eine Beschimpfung als solche zu benennen – und umgekehrt.
Gerade wenn der „Walliser Bote“ schreibt, dass Amtsträger „auch von Amtskollegen oder Parlamentsmitgliedern“ beleidigt würden, dann kann man sich nur schwer vorstellen, dass es sich dabei tatsächlich um justiziables Verhalten handelt. Schliesslich sind viele Parlamentarier selber Juristen.
Beleidigt wegen Sexismus
Doch geniessen wir weiter die Ausführungen des „Walliser Bote“: „Die häufigsten Motive, weswegen ein öffentlicher Amtsträger beleidigt oder bedroht wird, sind dessen politische Entscheidungen, Intentionen, Parteizugehörigkeit, Sexismus und sein persönlicher Hintergrund.“
Diese Zeitung meint: Dass jemand wegen seines Sexismus beleidigt wird, geht natürlich gar nicht! Ganz im Gegenteil soll jemandes Sexismus mit Ehrfurcht behandelt werden. Spiritus Sanctus Brig, Amen!
Immerhin, mangelndes Streben kann der Jungmannschaft des „Walliser
Bote“ – Raniero Clausen, Kay Ebener und Lara-Maria Imseng – nicht vorgworfen werden. Denn sie wissen ganz genau, was sie wollen. So steht auf der LinkedIn-Seite eines der Autoren: „Universität Bern, Bachelor of Science – Geografie und Biologie: 2022-2027“. Nicht schlecht, das Datum seines Studienabschlusses bereits vier Jahre im voraus exakt beziffern zu können.