
Umfrage zu Atomstrom: Kommt nach Stopp Solarexpreß der Atomexpreß?
Die Einstellung der Schweizer Bevölkerung zur Kernenergie bleibt insgesamt zustimmend.
Nach einer neuen Umfrage betont eine deutliche Mehrheit die Notwendigkeit der Kernkraftwerke für die Stromversorgung, hat Vertrauen in die Sicherheit der Werke und spricht sich für die geltenden unbefristeten Laufzeiten der Anlagen sowie für die weitere Nuklearforschung aus.
Das geht aus der Studie «Kernenergie Schweiz» des Sozial- und Marktforschungsinstituts DemoSCOPE im Auftrag des Nuklearforums Schweiz hervor. An der repräsentativen Umfrage haben mehr als 2200 Personen aus der gesamten Schweiz teilgenommen.
Mehr als die Hälfte (54%) sind der Ansicht, daß die Schweiz neben erneuerbaren Energien weiterhin auch Kernenergie zur Stromerzeugung einsetzen sollte, 38% lehnen dies ab. 37% der Befragten beurteilen danach Kernkraftwerke insgesamt sehr bzw. eher positiv.
Dem gegenüber stehen 42%, welche Kernkraftwerke eher negativ oder sehr negativ beurteilen. Signifikant mehr Männer und jüngere Altersgruppen sind in ihrer Auffassung positiver.
Fast Dreiviertel wollen bestehende Kernkraftwerke belassen
Fast dreiviertel der Befragten (73%) sind eher damit einverstanden, daß die bestehenden Kraftwerke solange betrieben werden sollen, wie sie sicher sind. Ebenso viele Personen (74%) halten die bestehenden Kernkraftwerke in der Schweiz für sehr sicher oder eher sicher.
68% der Befragten befürworten die Aussage, daß die bestehenden Kernkraftwerke notwendig für die Stromversorgung der Schweiz sind. Ungefähr ausgeglichen sind die Meinungen beim Thema der Lösbarkeit der Lagerung radioaktiver Abfälle – 43% sind eher damit einverstanden, daß diese lösbar sei, 41% sind anderer Ansicht.
Was denkt die Bevölkerung über das Neubauverbot?
Bei den gesetzlichen Rahmenbedingungen finden es 35% der Befragten richtig, daß der Bau neuer Kernkraftwerke in der Schweiz per Gesetz grundsätzlich verboten ist. Auf der anderen Seite sind 23% der Meinung, daß das Verbot über den Bau neuer Kernkraftwerke in der Schweiz grundsätzlich aufgehoben werden sollte.
Größere Zustimmung finden andere Optionen: 42% der Befragten halten es für richtig, daß im Falle von technologischen Fortschritten der Bau neuer Kernkraftwerke in der Schweiz wieder in Betracht gezogen werden sollte.
Außerdem meinen 40%, daß die Bevölkerung die Möglichkeit haben sollte, im Einzelfall zu entscheiden, ob ein neues Kernkraftwerk gebaut werden soll oder nicht.
Im Zusammenhang mit der Frage der Klima- bzw. Umweltfreundlichkeit der Kernenergie gibt es keine klare Auffassung der Befragten: 54% sind eher der Ansicht, die Produktion von Strom aus Kernkraftwerken verursache wenig CO2 und sei daher klimafreundlich, 31% sind damit eher nicht einverstanden. Anderseits sind 52% der Befragten der Meinung, das Strom aus Kernenergie eher umweltschädlich sei. 38% finden, er sei eher umweltfreundlich.
Deutliches Ja zur Nuklearforschung
Eher skeptisch zeigt sich eine Mehrheit bei der Frage, ob die Kernenergie in der Schweiz durch die Förderung erneuerbarer Energien und Sparmaßnahmen ersetzt werden kann.
56% glauben nicht daran, 37% sind gegenteiliger Auffassung. Gleichzeitig bejahen 44% die Frage, ob sie daran glauben, daß die Energiewende gelingt, d.h. daß die Schweiz auch ohne eigene Kernkraftwerke längerfristig genügend klimafreundlichen Strom hat. 42% sind der Ansicht, die Energiewende gelinge nicht.
Jeweils mehr als 80% der Befragten glauben, daß die Schweizer Bevölkerung und auch die Wirtschaft in den letzten Jahren von der Kernenergie profitiert hat und geben dafür vor allem die Versorgungssicherheit und tiefere Strompreise an.
Ein klares Meinungsbild gibt es bei der Frage nach der Forschung: 79% denken, daß nukleare Forschung und Ausbildung in der Schweiz weiterhin möglich sein sollen; 10% sind gegenteiliger Ansicht.
«Die Umfrageergebnisse machen deutlich, daß die Bevölkerung den Mehrwert der Kernenergie für die Schweiz anerkennt. Vor diesem Hintergrund dürfte die öffentliche nukleare Diskussion anhalten», kommentiert Hans-Ulrich Bigler, Präsident des Nuklearforums Schweiz, die Studienergebnisse.
Blick ins Nachbarland Deutschland
Was ist eigentlich in Deutschland geschehen nachdem die letzten Atomkraftwerke abgeschaltet wurden?
Der guten Ordnung halber muß vorausgeschickt werden: Deutschland hat – mit Ausnahmen wie Jahren als es in Frankreich zahlreiche Störungen gab – seit jeher den im eigenen Land verpönten Atomstrom aus Frankreich importiert.
Sprunghaft stieg der Atomstromimport allerdings paradoxerweise nach der Abschaltung der letzten drei Atomkraftwerke in Deutschland aus. Die Boulevardzeitung Bild schlagzeilte damals: „Tag 1 nach dem Ausstieg: Atomkraftwerke AUS, Atomimporte AN!“
Anmerkung: Das Sozial- und Marktforschungsinstitut DemoSCOPE hat im Auftrag des Nuklearforums Schweiz insgesamt 2239 Personen in einer disproportionalen Stichprobe, quotiert nach Geschlecht und Alter, mit repräsentativer Verteilung in den Sprachgebieten online befragt. Die Grundgesamtheit umfaßt die Wohnbevölkerung ab 15 Jahren in der deutsch-, französisch- und italienischsprachigen Schweiz. Befragungszeitraum: 1. bis 14. September 2023. Die statistische Fehlerquote der Umfrageergebnisse liegt bei +/- 2,1 Prozentpunkten.
(pd)