Home Aktuelles, Nachrichten Wallis Neue EKM-Studie: „Einbürgerung als Privileg“
Neues Einbürgerungs-Recht: Statt 1/3tel "nahezu" 2/3tel der Eingebürgerten mit Hochschulabschluß
Neue EKM-Studie: „Einbürgerung als Privileg“Neues Einbürgerungs-Recht: Statt 1/3tel "nahezu" 2/3tel der Eingebürgerten mit Hochschulabschluß

Neue EKM-Studie: „Einbürgerung als Privileg“

Neues Einbürgerungs-Recht: Statt 1/3tel "nahezu" 2/3tel der Eingebürgerten mit Hochschulabschluß
0

Eine von der Migrationskommission in Auftrag gegebene Studie fordert die Erkenntnis zutage, daß nach neuem Einbürgerungsrecht, das seit 2018 gilt, „nahezu“ 2/3tel (57%) der Eingebürgerten Hochschußabschluß hätten. Davor waren es fast 1/3tel (30%).

Hingegen machen Personen mit C-Ausweis, welche die obligatorische Schule als höchsten Bildungsabschluß auswiesen, nach altem Recht insgesamt 23,9 Prozent, nach neuem Recht jedoch lediglich 8,5 Prozent aus.

„Die ordentliche Einbürgerung ist seit der Einführung des neuen Bürgerrechtsgesetzes 2018 selektiver geworden“, so die EKM: „Der Anteil von Hochqualifizierten und gut situierten Personen ist markant angestiegen und die Zahl wenig qualifizierter und schlecht situierter Personen ist deutlich zurückgegangen.

Dies zeige die Studie „Ordentlich einbürgern in der Schweiz“, welche im Auftrag der Eidgenössischen Migrationskommission EKM verfaßt wurde.

Die statistisch nachgewiesene Selektivität sei laut Studie einerseits eine Folge der deutlich restriktiveren gesetzlichen Vorgaben.

Andererseits sei sie eine Konsequenz der Handlungsspielräume, die das Bürgerrechtsgesetz des Bundes den Kantonen zugesteht. Basierend auf diesen neuen Erkenntnissen zeige die Studie Wege auf, „wie die Einbürgerung in Zukunft integrativer ausgestaltet werden könnte„.

Die Untersuchung, durchgeführt von Forschern der Universitäten Genf, Neuenburg und Basel, zeige die Auswirkungen des neuen Bürgerrechtsgesetzes auf die ordentliche Einbürgerung in der Schweiz.

Erste 3 Jahre sowohl nach neuem als auch altem Einbürgerungsrecht

Sie beleuchte die ersten drei Jahre seit Einführung des neuen Rechts im Jahr 2018. In diesem Zeitraum erfolgten Einbürgerungen sowohl nach altem als auch nach neuem Recht, je nachdem, wann das Gesuch eingereicht wurde.

Die Auswirkungen des neuen Einbürgerungsrechts

Im Untersuchungszeitraum verfügte rund ein Drittel der nach altem Recht eingebürgerten Personen über einen Hochschulabschluß.

Nach neuem Recht sind es nahezu zwei Drittel.

Der Anteil der Personen hingegen, die nach der obligatorischen Schule keine weiterführende Ausbildung absolviert haben, sank von 23.8 auf 8.5 Prozent.

Neue Restriktionen im Bundesgesetz

Die Studie findet für die neue Selektivität die folgenden Erklärungen:

2018 wurden für die Einbürgerung neue, restriktivere Kriterien eingeführt: Neu werden zum Verfahren nur noch Personen zugelassen, die seit mindestens zehn Jahren in der Schweiz leben und die im Besitz einer Niederlassungsbewilligung sind.

Es gelte hierbei zu betonen, so die Behörde, daß der aufenthaltsrechtliche Status Einfluß darauf hat, wie rasch Ausländerinnen und Ausländer in den Genuß einer Niederlassungsbewilligung kommen.

Um eingebürgert zu werden, müssen Gesuchstellende zudem die neu eingeführten Integrationskriterien erfüllen. Besondere Hürden bilden dabei die Sprachkenntnisse und die wirtschaftliche Unabhängigkeit. Einbürgerungswillige müssen nach neuem Einbürgerungsrecht auf gesunden finanziellen Fundament stehen und dürften zum Beispiel keine Betreibungen haben.

Diese Hürden zu bewältigen ist für weniger qualifizierte und schlecht situierte Personen eine Herausforderung. Für sie ist es schwieriger, sich die erforderlichen schriftlichen und mündlichen Sprachkenntnisse anzueignen. Zudem sei bei ihnen das Risiko größer, Sozialhilfeleistungen beziehen zu müssen.

Kantonal höchst ungleiche Praxis, großer Spielraum nach neuem Bundesrecht für die Kantone

Die statistisch festgestellte Selektivität habe in den Kantonen „höchst unterschiedliche“ Ausprägungen, so die Migrationsbehörde.

Die Unterschiede führt die Studie auf regulatorische und rechtliche Spielräume zurück, die der Bund den Kantonen eröffnet und die von diesen unterschiedlich genutzt werden, Dazu führt die Migrationsbehörde aus:

Kantonale Spielräume auf regulatorischer Ebene:

  1. Bereits heute haben fünf Kantone Sprachniveaus festgelegt, die über die bundesrechtlichen Anforderungen hinausgehen.
  2. Rund ein Drittel der Kantone haben die Vorgaben, welche die Rückerstattung von Sozialhilfeleistungen betreffen, erhöht. Dies hat Folgen für weniger qualifizierte und schlechter situierte Personen.

    Kantonale Spielräume bei der Umsetzung der rechtlichen Vorgaben:
  3. Nach Maßgabe des kantonalen Rechts prüfen die Einbürgerungsverantwortlichen in den Wohngemeinden, ob Gesuchsteller integriert und mit den schweizerischen Lebensverhältnissen vertraut sind. Dabei genießen die Gemeinden sehr viel Autonomie. Auch dies führe zur Privilegierung von hoch qualifizierten und gut situieren Personen, so die Eidgenössische Migrationskommission EKM.

Vorschläge für leichtere Einbürgerungen: Neuausrichtung des Bürgerrechts?

Ausgehend von der Erkenntnis, daß die Selektivität mit dem neuen, restriktiven ausgestalteten Bürgerrechtsgesetz des Bundes deutlich ausgeprägter ist, werden in der Studie verschiedene Wege zu einem einschließenderen („inklusiveren“) System der Einbürgerung aufgezeigt und konkrete Handlungsvorschläge gemacht, so die Eidgenössische Migrationskommission EKM, und weiter:

Außerdem würden in der Studie Ansätze für eine grundsätzliche Neuausrichtung des Bürgerrechts vorgeschlagen: namentlich die Reduktion des dreistufigen auf ein einstufiges Einbürgerungssystem, ein unkompliziertes, einheitliches und transparentes Verfahren für alle und ein Recht auf Einbürgerung für Personen, die in der Schweiz geboren und aufgewachsen sind.

EKM fordert eine breite Debatte über die Einbürgerung

Die EKM fordert nun aufgrund der vorliegenden Studienergebnisse eine breite Debatte über die Einbürgerung und ihre Regulatorien, auf allen föderalen Ebenen des Staates, in politischen Institutionen und Organisationen sowie mit der Zivilgesellschaft. «Menschen mit geringerer Qualifikation oder solche aus dem Asylbereich sehen sich zunehmend aus dem Einbürgerungsverfahren ausgeschlossen. Dies, weil sie aufgrund der strengeren Kriterien nicht zum Verfahren zugelassen werden und weil die Hürden deutlich erhöht wurden», konstatiert Manuele Bertoli, Präsident der Eidgenössischen Migrationskommission EKM.

Dies sei „eine Fehlentwicklung“. Der Zugang zum Bürgerrecht sollte, so die Haltung der EKM, so gestaltet sein, daß er der Integration der gesamten Gesellschaft diene.

Weiterführendes

Studie „Ordentlich einbürgern in der Schweiz – Die Auswirkungen des neuen Bürgerrechtsgesetzes des Bundes und Wege zu einem inklusiveren System der Einbürgerung“

Ordentlich einbürgern in der Schweiz

(pd, rm)
(Beitragsbild: Studie „Ordentlich einbürgern in der Schweiz“)

Fehler gefunden? Jetzt melden.

IHRE MEINUNGEN

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert