
Wallis-Immobilien: Immer weniger Leute können sich Eigentum leistenKann gemeinnütziger Wohnungsbau eine Lösung sein?
Nicht nur Wohnungsnot ist im Wallis, namentlich in Zermatt und Umgebung aber auch in Visp, Brig, Naters und anderen stark wachsenden und gefragten Gegenden ein Thema.
Auch können sich immer weniger Leute im Wallis Eigentum leisten. Aktuell wird von behördlicher Seite dies thematisiert, vom Bundesamt für Wohnungswesen. Dieses stellt fest:
Der Traum vom Eigenheim in der Schweiz bleibt für viele unerfüllt. Ein Grund dafür seien die stetig steigenden Preise für Wohneigentum.
Auf der Suche nach alternativen Formen des Wohneigentums analysiert eine Studie des Bundesamtes für Wohnungswesen BWO verschiedene Modelle von gemeinnützigem Wohneigentum. Wenn einige Voraussetzungen erfüllt sind, kann dadurch der Zugang zu preisgünstigem Wohneigentum erleichtert werden.
Die Preise für Wohneigentum haben in den vergangenen Jahren stark zugelegt.
Zwischen 2015 und 2022 ging zudem die Wohneigentumsquote stetig zurück. Betrug sie 2015 noch 38,4 %, lag sie 2022 noch bei 35,9 %.
Immer weniger Haushalte in der Schweiz können sich Wohneigentum leisten.
Dies betrifft vor allem junge Familien.
Vor diesem Hintergrund haben das Institut für Wirtschaftsstudien Basel, die Hochschule Luzern – Wirtschaft (HSLU – W) sowie SwissLegal Dürr + Partner im Auftrag des BWO alternative Formen des Wohneigentums untersucht – konkret die Verbindung von Wohneigentum und Gemeinnützigkeit.
Die Studienautoren identifizieren zunächst vier Kriterien, damit Wohneigentum beim Erstkauf günstiger wird als auf dem Markt.
Weiter nennt die Studie drei Kriterien, welche die langfristige Preisgünstigkeit sicherstellen, wobei vor allem Vorkaufsrechte einer Genossenschaft oder einer anderen gemeinnützigen Trägerschaft wichtig sind. Schliesslich sieht die Studie acht weitere Bereiche bzw. Kriterien, welche in verschiedener Hinsicht zur Gemeinnützigkeit beitragen können.
Anhand dieser insgesamt 15 Kriterien werden fünf Modelle von alternativem Wohneigentum aus dem In- und Ausland analysiert.
«Flexibles Wohneigentum»
Dazu gehört beispielsweise das «flexible Wohneigentum». Bei diesem Modell erstellt eine Baugenossenschaft Wohnungen im Stockwerkeigentum und verkauft alle bis auf mindestens eine Wohnung, welche sie vermietet.
Die Baugenossenschaft bleibt so Miteigentümerin, um ein späteres Vorkaufsrecht ausüben zu können, wenn eine privat gekaufte Wohnung wieder zum Verkauf steht.
«Kleines Wohneigentum»
Ein zweites Modell ist das «kleine Wohneigentum». Die Wohnungseigentümer besitzen hier nur die Wohnung und nicht den Rest des Hauses, den sie sonst mitfinanzieren müßten. Stattdessen entrichten sie für die Nutzung der allgemeinen Teile des Hauses ein Entgelt an dessen Eigentümerschaft.
«Wohneigentum auf Zeit»
Ein drittes Modell ist das «Wohneigentum auf Zeit», bei dem das Eigentum beispielsweise auf 30 Jahre beschränkt ist. Weitere, in der Schweiz noch wenig bekannte Modelle sind der «Community Land Trust» – langfristige Preisgünstigkeit wird hier über stark einschränkende Baurechtsverträge geregelt – oder das «Co-housing». Bei letzterem werden private und gemeinschaftliche Räume gemischt, was ein relativ homogenes Nutzungsverständnis und gemeinschaftliche Wertvorstellungen erfordert.
Die Studie geht auf sechs konkrete Beispiele in der Schweiz ein und kommt zu folgenden Schlüssen:
- Wenn ein Wohnbauträger gemeinnütziges Wohneigentum bereitstellt und zugleich Wohnungen vermietet, führt dies zu mehr sozialer Durchmischung, schafft aber auch finanzielle Spielräume für Rückkäufe und sichert die langfristige Preisgünstigkeit.
- Die initiale Preisgünstigkeit läßt sich durch Standardisierung – z.B. einer Vereinheitlichung der Grundrisse – und der Priorität für Gemeinschaftsflächen erzielen. Ein Verkauf im Rohbau schafft zudem Raum für flexible Finanzierungen.
- Heimfallregelungen, d.h. die Rückübertragung des Eigentums auf die Trägerschaft nach einer gewissen Frist, vereinfachen die langfristige Preisgünstigkeit. Die Bedingungen müssen dabei so ausgestaltet werden, daß sie nicht preistreibend sind.
Kein einziges Projekt in der Schweiz
Bislang existiert in der Schweiz kein Projekt, bei dem gemeinnütziges Wohneigentum in Reinform umgesetzt worden ist.
Die Studie zeige, daß zwischen Gemeinnützigkeit und Wohneigentum kein Widerspruch bestehen muß, so heißt es seitens der Studienautoren.
Da zuckt man doch zusammen und fragt sich: Haben die eigentlich die Kantonalen Steuerämter angefragt und schon einmal einen Verein oder eine Genossenschaft gegründet und erfahren wie schwierig es ist – ohne Eigentum der Vereinsmitglieder oder Genossenschafter – eine Gemeinnützigkeit anerkannt zu bekommen?
Und prompt heißt es dann weiter: Es müssen jedoch einige Voraussetzungen erfüllt sein.
Dazu gehören ein zeitlich unbeschränktes, limitiertes Vorkaufsrecht, der Wille und die Möglichkeit zur Ausübung dieses Vorkaufsrechts und eine unabhängige Kontrolle.
Es scheint so, daß es sich widerspricht, daß privates Wohnen auch gemeinnützig sein kann. Doch dem ist nicht so. Wie Professor Dr. Markus Gmünder von der Hochschule Luzern auf Anfrage dieser Zeitung erklärt ist dies kein Widerspruch. Er erläutert:
„Beim gemeinnützigen Wohneigentum ist die Gemeinnützigkeit über verschiedene Kriterien abgedeckt. …/…
Sie beruhen u.a. auf Art. 108 BV, welcher die Organisationen des gemeinnützigen Wohnungsbaus explizit nennt, sowie auf der Wohnraumförderungs-Verordnung Art. 37 WFV.
Vor dem Hintergrund des Verfassungsauftrags, den Erwerb von Wohnungs- und Hauseigentum zu fördern, das dem Eigenbedarf Privater dient, können gewisse unterstützende Maßnahmen durchaus angezeigt sein.“
Die obgenannte Studie enthält neben möglichen Rechtsstrukturen für die verschiedenen Modelle auch Empfehlungen zu Fördermöglichkeiten.
Mögliche staatliche Förderung
Die Förderung des Zugangs zu Wohneigentum ist auch ein Verfassungsauftrag (Artikel 108 der Bundesverfassung), welchem aktuell nur mit steuerlichen Maßnahmen nachgekommen wird.
Für die Förderung von gemeinnützigem Wohneigentum sind die Entwicklungs- und die Rückkaufsphase zentral.
Daraus ergeben sich zwei Fördermöglichkeiten: Zum einen wären dies kurzfristige zinsgünstige staatliche Darlehen für Wohnungsrückkäufe, zum anderen vom Bund mitfinanzierte Beratungsdienstleistungen. Kantone und Gemeinden könnten zudem Privilegien bei der Handänderungs- oder der Grundstücksteuer vorsehen.
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(pd)