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Für die einen Fluch - für die anderen ein Segen
Zweitwohnungen im WallisFür die einen Fluch - für die anderen ein Segen

Zweitwohnungen im Wallis

Für die einen Fluch - für die anderen ein Segen
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Von Albert Ulrich

Wohneigentum hält die gesamte Wirtschaft einer Region in Gang. Das Beispiel einer Tourismusstation wie Anzère zeigt, dass von der Dynamik der Zweitwohnungen nicht nur die Gemeinden durch Steuer- und Gebühreneinnahmen profitieren, sondern auch

  • Agenturen mit der Vermietung und dem Verkauf der Wohnungen
  • Notare, Juristen, Immobilien-Verwaltungen und Hauswartungen
  • das Handwerk mit Bau-, Hauswartungen, Unterhalts- und Renovationsarbeiten
  • Banken für Hypotheken und Dienstleistungen

Es sind also nicht nur Gastro- und Tourismusbetriebe oder Bergbahnen, die Anspruch auf den Kuchen von Ferienwohnungen erheben.

Nimmt man all die Arbeitsplätze, das dadurch entstandene Steuersubstrat in den betreffenden Gemeinden zur Kenntnis und die Grundstücksverkäufe, welche sehr zum Wohlstand in der Region beigetragen haben, dann könnten und sollten die Verantwortlichen Gemeinderäte und die Einwohner den Zweitwohnungsbesitzern mehr Wertschätzung entgegenbringen.

Heute dienen die wirtschaftspolitischen Verflechtungen leider nur noch einer politischen und bürokratischen „Elite“. Eine Bürokratie, die sich Posten verschafft, indem sie ein Geflecht von Einflüssen schafft, die es ermöglicht, Investitionen und Kontrolle der Finanzströme im Dienste einer Politik der Immobilienentwicklung, die nicht dem Gemeinwohl dient. In der Region Anzère bleiben dadurch Besitzer von Zweitwohnungen, aber auch indirekt die Einwohner, also alle Steuerzahler auf der Strecke.

Auch wenn Zweitwohnungen zum Teil wenig genutzt werden, hat auch die Gemeinde ihren Gewinn. Man denke an die Einnahmen für Erschliessungskosten, die Anschlussgebühren, die jährlichen pauschalen für Wasser, Abwasser- und Abfall-Grundgebühren, die Vermögenssteuer, Einkommensteueranteil und Eigenmietwert.

Alleine die Kurtaxenpauschale der R2 bringt Anzère jährlich rund CHF 2’000’000 ein. Dafür wird von einer absolut irrealen Vermietungsdauer einer Ferienwohnung von 120 Nächten pro Jahr ausgegangen. Getrickst wird mit fiktiven Betten. Wobei nicht nur Ausswärtige R2, sondern auch Walliser die Kurtaxe bezahlen müssen, sofern sie in einer anderen Gemeinde wohnen.

Es grenzt schon an Frechheit, wenn die Walliser ihre Kuh maltraitieren oder gar noch metzgen wollen, da sie angeblich zuwenig Milch liefert.

Die Verantwortlichen des Kantons Wallis scheinen das Handwerk der Profitmaximierung ebenfalls gut zu beherrschen. Über den interkantonalen Finanzausgleich erhält der Kanton VS CHF 2’500 pro Einwohner bezahlt. Dafür tragen auch die Zweitwohnungsbesitzer mit den dort direkt bezahlten Steuern bei.

Nicht zu vergessen ist die Tatsache, dass über 60% der Zweitwohnungen den Einheimischen gehören. In Anzère sind zudem über 52% aller Haushalte so genannte Zweitwohnungen. Also offensichtlich ein gutes Geschäft für die Walliser. Es sind also die Einheimischen, welche zum grössten Teil die Verantwortung an der selbst geförderten „Wohnungsnot“ und am geringen Angebot an bezahlbaren Unterkünften für Familien und Saisoniers tragen müssen. Es scheint aber ideal zu sein, die ganze Misère in Anzère den auswärtigen Zweitwohnungsbesitzern unterjubeln zu können.

Eine Tourismusdestination muss man sich leisten können

In einer freien Marktwirtschaft werden solche Projekte über Investoren und nicht von Gemeindebehörden realisiert und finanziert. Ist keine Rendite zu erwirtschaften, wird nicht investiert und von den Banken nicht finanziert.

In Anzère aber wird Planwirtschaft betrieben. Für Illusionen der Immobilienspekulanten bürgt die Gemeinde, resp. ihre Steuerzahler. Profiteure sind die Landbesitzer, Architekten und die örtlichen Unternehmen, aber auch die Immobilienagenturen. Diese alpinen Cowboys bestimmen die Ortspolitik mit und lassen auswärtige Feriengäste und Zweitwohnungsbesitzer für den Irrsinn bezahlen.

Ein grosser Coup leistete sich die Gemeinde Ayent mit dem Kauf eines Grundstückes für CHF 4’500’000 für den Bau weiterer Ferienwohnungen durch die Firma Swisspeak Resort SA. Das Risiko wird erneut von den Steuerzahler mitgetragen und die Lex Weber wird elegant ausgetrickst. Hauptsache die Landverkäufer, Swisspeak und lokale Unternehmen können wieder Profit erwirtschaften. Das übliche Lamento von kalte Betten wird bis zur nächsten Erhöhung der Kurtaxen verdrängt.

Systemrelevante Tourismusunternehmen

Wenn ein Unternehmen nicht in den Konkurs gehen darf, nur weil es das gesamte Wirtschaftssystem einer Tourismusregion in den Abgrund reissen würde, dann dürfen solche Unternehmen entweder nicht zu gross werden oder sie müssen einer besonderen Aufsicht unterliegen, wobei man dem Zweiten skeptisch gegenüberstehen kann. Durch die behördlichen Rettungsaktionen, wie im Konkursfall der Anzère Bergbahnen, wird eine Geschäftsführung geradezu verführt, riskant zu agieren, weil sie wissen, dass das Unternehmen nicht liquidiert werden kann.

Die Folgen einer miserablen Tourismuspolitik:

Anzère erhöhte die Kurtaxe seit 2017 um 120% von CHF 2.50 auf CHF 5.50. Alleine von 2023 auf 2024 um 57%.

Eine aktuelle Studie der UBS, die in diesem Bereich als Autorität gilt und den Markt seit mehreren Jahren beobachtet, hat aufgezeigt, dass Anzère der am schlechtesten eingestufte Tourismusort in den Bergen ist und dass sein touristisches Angebot deutlich unter dem Durchschnitt der untersuchten Orte liegt.

Massentourismus verteuert das Leben der Einheimischen

Neben den übernachtenden Gästen dienen die Tagestouristen als weiteres Nutzvieh auf der Alp. Diese Zielgruppe wird angelockt mit dem billigen „Magic Pass“, verbilligten Abos und mit Tageskarten zu variablen Tagespreisen.

Beim Tagestourismus denken die Lokalpolitiker und Tourismusverantwortlichen nicht, dass die Tagesausflügler keinen Cent an die Infrastruktur bezahlen, obwohl diese Parkplätze, Navetten, Kinderspielplätze und Wanderwege, die durch Kurtaxen bezahlt werden, nutzen.

Konstruktive Kritik ist in der Feriendestination Anzère verpönt, wenn sie von der Seite der direkt Betroffenen kommt. Da reagieren die Gemeindepräsidenten sehr dünnhäutig mit Aussagen wie:

„Wenn Ihnen diese Regelungen nicht passen und Sie sich von der Gemeinde, die Sie seit Jahren beherbergt, besonders schlecht behandelt fühlen, ist es vielleicht an der Zeit, Ihre Bereitschaft, Eigentümer eines Zweitwohnsitzes in unserer Gemeinde zu bleiben, zu hinterfragen.“

Ganz Unrecht haben die Gemeindepräsidenten nicht. Andererseits ist es für auswärtige Käufer von Immobilien in Feriendestinationen wichtiger denn je, ihre Investition gut zu überdenken. Das Preis-Leistungsverhältnis hat sich in den letzten Jahren zu Ungunsten der auswärtigen Zweitheimischen entwickelt.

Da wo man sich nicht willkommen fühlt, da lasse dich nicht nieder.

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