
Dr. Marie-Claude Schöpfer-Pfaffen zu den Staatsratswahlen im WallisWarum NEO nicht für den Staatsrat kandidiert
Dieser Tage wurde fragen sich einige erstaunte Bürgerinnen und Bürgern, warum die grüne Kandidatur medial als mutig, quasi als Rettung vor langweiligen Staatsratswahlen bejubelt wird, während der Anspruch von NEO auf eine Kandidatur teils von den gleichen Autoren verneint wurde.
Ausführungen der Parteipräsidentin zu den Staatsratswahlen 2025 anläßlich der Parteiversammlung in Visp vor wenigen Wochen erhellen, warum die Partei NEO keinen Kandidaten stellt. Es hatte wohl auch mit dem Kandidaten zu tun und es stellt sich die Frage, ob die Partei in Zukunft auf jüngere Kandidaten setzen muß.
Die Parteipräsidentin Dr. Schöpfer-Pfaffen hielt Ende letzten Jahres, als die Entscheidungen fielen, jedenfalls eine aufschlußreiche Rede zu dem Thema, die hier im Wortlaut wiedergegeben wird:
Im Oktober 2024 gab Staatsrat Roberto Schmidt nahezu zeitgleich mit Staatsrat Frédéric Favre nach den kommunalen Wahlen bekannt, dass er sich nicht für eine dritte Legislatur zur Verfügung stellen und im März 2025 bei den Staatsratswahlen nicht mehr antreten wird.
Unsere Partei hegte selbstverständlich dem Wunsch, dass Roberto Schmidt eine weitere Legislatur anhängen würde, respektiert aber den getroffenen Entscheid. Hat doch Staatsrat Schmidt sich während 30 Jahren im Dienst der Partei, des Kantons Wallis und seiner Bevölkerung politisch engagiert.
Die Mitte Oberwallis und Le Centre du Valais Romand wurden über diesen Entschluss exklusiv informiert, zeitgleich mit dem engsten Umfeld von Roberto Schmidt. Das Präsidium von neo – Die sozialliberale Mitte nahm sogleich Kontakt mit der Mitte Oberwallis auf und bat um ein Treffen, um mit dem Ziel der Nachfolgeregelung konstruktive und partnerschaftliche Gespräche in die Wege zu leiten.
Dass unsere Partei sich dahingehend äusserte, den Sitz, und ich betone, in Zusammenarbeit mit den anderen Mitte-Parteien, sichern zu wollen, hängt mit einer 2016 zwischen der CSPO und der CSPO abgeschlossenen Vereinbarung zusammen, die erst im November 2022 vonn den Präsidentinnen der Oberwalliser Mitte-Parteien erneuert worden ist. Diese spricht im Kontext der Staatsratswahlen eine deutliche Sprache:
«Jene Partei, die bei den Ständeratswahlen keinen Kandidaten stellt, hat Anrecht auf den Staatsratssitz, es sei denn sie verzichtet darauf.»
Und dieses Dokument setzte die unmissverständliche Leitplanke, zumal dessen Grundsätze ja unlängst bekräftigt wurden. Es diente als Grundlage der Kommunikation anlässlich der Nichtwiederanstrittsbekanntgabe von Staatsrat Roberto Schmid.
Die Erneuerung wurden anlässlich der finalen Diskussionen rund um die Ständeratswahlen 2023 mit Unterschriften der amtierenden Präsidentinnen verbürgt zementiert. Mit der Parteipräsidentin der Mitte Oberwallis wurde damals zudem im Rahmen der mündlichen Gespräche der Grundsatz vereinbart, für den Staatsrat und den Ständerat grundsätzlich ausnahmslos gemeinsam die besten Kandidaturen zu befördern.
Unsererseits gab es keine Veranlassung, davon auszugehen, dass man von diesem Grundsatz abweichen will, nachdem wir auf eine Ständeratskandidatur zu Gunsten der Mitte Oberwallis verzichtet haben. Weil man bereits damals unseren Kandidaten nicht akzeptieren wollte, war der Fall klar. In einer funktionierenden Gemeinschaft ist stets von einem Geben und Nehmen auszugehen.
Man mag von Vereinbarungen halten, was man will, aber ein funktionierendes Zusammenleben, ob in Lebenspartnerschaften, Familien, Unternehmungen, Vereinigungen, Arbeitsverhältnissen oder in der Politik gründet nun mal auf Abmachungen, mündlichen, schriftlichen, bilateralen, trilateralien, multilateralen, von Eheverträgen bis hin zu Eltern-Kind-Absprachen, Lernzielen oder eben interparteilichen Abmachungen. Sie stellen in allen Lagen des Lebens sicher, dass der Friede im Haus gewahrt wird. Regeln sind flexibel, Regeln lassen sich ändern. Will dies aber in einem allen Beteiligten genehmen Rahmen passieren, empfiehlt sich, vorauszudenken und den Rahmen mit Weitsicht neu auszuhandeln, und nicht erst dann, wenn kurzfristige, aus der Macht des Stärkeren geborene Begehrlichkeiten aufs Tapet treten.
Das im November 2022 einvernehmlich bekräftigte Vorgehen, wurde damals auf die gemeinsame Beförderung der besten Kandidaturen redefiniert. Die Umsetzung dieses Grundsatzes hätte unseres Erachtens aber einen gemeinsamen Findungsprozess bedingt und, noch viel wichtiger, eine gemeinschaftliche Diskussion über Anforderungsprofile, Kompetenzen, Erfahrung, Vernetzung. Zeit hätte man hinreichend gehabt. Wir waren bereit, uns auf einen solchen konstruktiven, von Kooperationsgeist und Verlässlichkeit geprägten Prozess einzulassen, wie wir ja im Communiqué zum Nichtwiederantritt von Staatsrat Schmidt klar betonten, im Zusammengehen mit den Mitte-Parteien.
Wir haben in der Folge, wie vereinbart, unsere Hausaufgaben gemacht und Gespräche mit verschiedenen potenziellen Kandidatinnen und Kandidaten geführt, die für eine Kandidatur in Frage kommen würden und haben uns in unserem Vorstand schliesslich einstimmig darauf geeinigt, dass Thomas Egger als alt-Nationalrat aus diesem Feld ohne Zweifel herausragt.
Thomas Egger verfügt als langjähriger Direktor der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für Berggebiete und damit Berufspolitiker über ein kantonales, nationales und internationales Netzwerk, ausgewiesene Kenntnisse der Strukturen, Prozesse und laufenden Geschäfte auf allen Ebenen des politischen Systems, allen voran zu den Problematiken der Berggebiete, sowie über langjährige und vielschichtige Führungserfahrung.
Thomas Egger war Vizepräsident unserer Partei. In den Nationalratswahlen 2019 hat er mit seinem Resultat von 20’000 Stimmen ein grosses überparteiliches Wählerpotenzial bewiesen, das er in den vergangenen Jahren ebenso wie seine Bekanntheit und Vernetzung, vor allem auch im Ober- und Unterwallis, über die Ausübung wichtiger Verbandsposten ausbauen und stärken können. Er amtete und amtet neben anderem als Rat für Raumordnung (2004–2019), Präsident von Bus alpin (seit 2011), Mitglied der Wirtschaftskommission und Beirat des Schweizerischen Tourismusverbands (2013–2019), Präsident von Raclette du Valais AOP (2017–2024), Gründungspräsident von Lignum Valais-Wallis (2019–2024), Präsident von Oberwallis Verkehr und Tourismus (seit 2019), Sekretär der Parlamentarischen Gruppe Bergbevölkerung (seit 2002), u.a.m.
Thomas Egger spricht fliessend Französisch und verfügt über sehr gute Italienisch- und Englischkenntnisse. Er würde den 2022 zwischen den Oberwalliser Mitte-Parteien vereinbarten Grundsatz, die fähigsten Kandidaturen zu befördern, mit langjähriger Führungserfahrung, reicher Fachkompetenz auf den Ebenen des politischen Systems auf Bundes-, Kantonal- und Kommunalebene sowie Vernetzung und Seniorität ausfüllen.
Die Parteileitung hat in der Folge die Gespräche mit Thomas Egger intensiviert. Er stellte von Beginn an klare Bedingungen für seine Kandidatur, die uns den Rahmen steckten.
Sie bestanden in folgenden Punkten:
- der Kandidatur auf dem Mitte-Ticket
- der Unterstützung seiner Kandidatur durch die anderen Mitte-Parteien
- und der seinerseits aus guten Gründen nicht vorhandenen Bereitschaft, eine Einzelkandidatur umzusetzen
Als die Mitte Oberwallis am 19. November 2024 einseitig ihre eigene Kandidatur bekannt gab und sich gleichzeitig dahingehend äusserte, dass man unsere Kandidatur dezidiert ablehnen würde, stand für uns natürlicherweise die Klärung der Frage im Zentrum, ob die Parteileitung von Le Centre diesen Grundsatz auch teilt.
Es fanden sachlich klärende Gespräche statt, in denen sich die Haltung kristallisierte, dass Le Centre keine Schiedsrichterrolle übernehmen wolle. Eine Haltung, die wir auf voller Linie nachvollziehen konnten, die jedoch mit dem nachfolgend bekannt gegebenen Bekenntnis zu einem Zweierticket im Grunde hinfällig wurde – denn damit war der Schiedsspruch deutlich gefällt.
Ungeachtet dessen waren wir nach wie vor gewillt, eine Kandidatur umzusetzen, vor allem weil uns und Thomas Egger zahlreiche Unterstützungsbekundungen aus der Basis, aus der Bevölkerung und politischen Kreisen zugetragen wurden und diesem Ansinnen, wie gesagt, reglementarisch nichts entgegenstehen würde.
Aus diesem Grund haben wir zahlreiche Gespräche und Abklärungen geführt, auch mit Vertretern der politischen Landschaft. Diese dienten vordringlich der Klärung der Frage, von welcher Seite Unterstützung für unsere Kandidatur erwartet werden kann.
Thomas Egger hat uns in diesem intensiven Prozess die bereits von Beginn an eingenommene Haltung stets aufs Neue bekräftigt, dass er kein Einzelticket unter unserem Banner umsetzen wolle, dass er sich einzig eine Kandidatur auf dem Mitte-Ticket vorstellen könne und dass die Unterstützung der anderen Mitte-Parteien für ihn eine zentrale Voraussetzung sei.
Ein Dreierticket im ersten Wahlgang hätte zur Sicherung von zwei Sitzen keinerlei Risiko bedeutet, weder für die Mitte-Parteien noch für das Oberwallis, zumal sich früh abzeichnete und sich im Verlauf deutlich bekräftigte, dass sich ein mehr als dünnes Kandidatenfeld formiert. Es hätte einzig und allein den von der Bevölkerung gewünschten Wahlkampf geboten, die ersehnte Auswahl und eine einigende Bekräftigung des Willens, um Wähleranteile in der politischen Mitte zu weibeln.
Dass die herausragende Kandidatur Egger derart hart bekämpft wurde, kann nur im Umstand begründet liegen, dass die Ausmarchung gerade wegen des brillanten Profils gefürchtet wird.
Unseren Rückzug in enger und stetiger Rücksprache mit Thomas Egger besiegeln mussten wir, als uns Le Centre doch recht unmissverständlich klarmachte, dass unser Kandidat bei einer allfälligen Präsentation am Unterwalliser Kongress mit einem – ich umreisse es diplomatisch – wenig erbaulichen Ablauf zu rechnen haben würde.
Letztlich zählte nun die Einordnung unseres Wunschkandidaten Thomas Egger, dem wir Respekt und Wertschätzung entgegentragen. Während unserer letzten, unlängst erfolgten Rücksprache, bekräftige sich seinerseits der Entschluss, dass die Haltung der anderen Mitte-Parteien nunmehr keine konstruktive Grundlage mehr bieten, einen Wahlkampf führen zu können, der gemeinsam den Interessen der politischen Mitte, der Berggebieten und des Kantons produktiv zuzuarbeiten vermag. Wenn zwei sich gegen einen stellen, führt dies einzig und allein zu einem Abnutzungskrieg für denjenigen, der allein dasteht und Gefahr läuft, vernichtet zu werden.
Einige von Ihnen werden sich gefragt haben, wieso wir unsere Kandidatur nicht direkt, die anderen Parteien überrumpelnd, bekannt gegeben haben?
Folgende Gründe spielten eine Rolle:
- Während anderen Akteuren für ein solches Vorgehen Beifall geklatscht wird, wären wir medial mit grosser Wahrscheinlichkeit partout als anmassend und überheblich abgestempelt worden.
- Grundsätzlich kann eine Kandidatur nur in Absprache mit dem Kandidaten bekannt gegeben werden. Für Thomas Egger und uns war die Unterstützung der anderen Mitte-Parteien eine zentrale Voraussetzung. Im Sinne einer konstruktiven, verlässlichen und respektvollen Zusammenarbeit sprach vor allem Thomas sich gegen eine nicht abgesprochene Ankündigung aus.
- Spielt der Zeitpunkt der öffentlichen Bekanntgabe grundsätzlich eine nebengeordnete Rolle. Allein die Bereitschaft oder Nicht-Bereitschaft zu einer Zusammenarbeit und einer in Zusammenarbeit abgewickelten Findung eines oder mehrere Kandidaten wäre doch letztlich entscheidend gewesen.
Ich bin Thomas Egger zu grossem Dank verpflichtet, dass er sich unserer Partei als Kandidat zur Verfügung gestellt hat, dass er sich trotz seiner prall gefüllten Agenda Zeit für zahlreiche konstruktive Sitzungen und Gespräche genommen hat. Er war bereit, sich und seine reiche Führungserfahrung, seine umfangreiche Dossierkenntnis und seine breite Vernetzung als Dienst an der Bevölkerung zur Verfügung zu stellen und den Kanton vorwärtszubringen.
Diese Bereitschaft bestünde seinerseits nach wie vor, wenn man ihm die Zusammenarbeit nicht geschlossen versagen würde.
Dem öffentlichen Diskurs rund um die Staatsratswahlen fehlte es, wie dies mittlerweile allgemein – dem Trend zu Personalisierung, Profanisierung und Skandalisierung folgend – gang und gäbe geworden ist, an Tiefgang. Das ist bedauerlich, denn immerhin geht es um die Zukunft unseres Kantons.
Massgeblich gefehlt hat aus der Sicht unserer Parteileitung eine sorgfältige Diskussion rund um Anforderungsprofile, Führungserfahrung, politischen Leistungsausweis und Expertise, Vernetzung u.a.m. Es ist beim Kandidatenfeld, wie es sich während der letzten Wochen präsentierte und aktuell präsentiert, nicht ersichtlich, auf welchem Weg ein Oberwalliser Staatsratssitz genau verloren gehen könnte. Proaktiv sicherheitshalber festzuhalten, das komme was wolle, sowieso die Gelben schuld sein werden, entbehrt, wird dies nicht argumentativ belegt, jeder Logik.
Dem fehlenden Mut und der Wettkampfscheue der Parteien sei Dank drohen uns nun höchst ungewöhnliche, wenn nicht gar langweilige Staatsratswahlen. An unserem Willen zur Belebung der Demokratie hat es nicht gemangelt. Es sei denn im allerletzten Augenblick werde noch eine Arche Noah wird um die Ecker schippern, welche das Feld aufmischen wird. Das Kandidatenfeld an Frischlingen gestaltet sich aktuell derart dünn, dass der Wahlkampf quasi bereits vor dem Start fast schon wieder zu Ende ist.
Bevor ich die Diskussion eröffne, will ich abschliessen die Frage der Unterstützung der Staatsratskandidaturen anderer Parteien thematisieren.
Gemäss Abschnitt 3, Art. 30, Absatz g) unserer Statuten vom 11. Mai 2023 in Naters obliegt der Beschluss über die Unterstützung von Kandidatinnen und Kandidaten anderer Parteien bei den Ständerats- und Staatsratswahlen dem Vorstand unserer Partei. Entsprechend würden wir den gefassten Grundsatz den Parteimitgliedern nach Beschlussfassung unterbreiten. Der Vorstand von neo – Die sozialliberale Mitte ist am Sonntag zusammengekommen und hat sich in dieser Hinsicht noch auf keinen richtungsweisenden Entscheid festgelegt.
Wir, meine Vorstandskolleginnen und -kollegen und ich, haben entschieden, die Unterstützung der Kandidaturen der Mitte-Parteien abhängig von der Ausgestaltung der künftigen Zusammenarbeit der Parteien in konkreten Zusammenhängen zu machen. Eine entsprechende Anfrage ist nach einem bereits unterbreiteten Angebot der Mitte Oberwallis-Präsidentin an beide Mitte-Parteien ergangen. Nach Eintreffen der Bescheide werden wir an unserer ersten Vorstandssitzung vom Januar 2025 über diese Frage befinden und danach kommunizieren.
Unsere Devise nach scharfer Analyse des Status quo lautet: Ohne Blick über den Tellerrand, den wir in den vergangenen Wochen stets gefordert haben, müssen wir und der Mitte-Verbund grundlegend über die Bücher. Denn als Oberwalliser Partei sind wir auf verlässliche Partner und funktionierende Kooperationen angewiesen, auf ein gesundes und Verlässlichkeit garantierendes Équilibre.
Als Parteipräsidentin möchte ich euch zu diesem Zeitpunkt im Zusammenhang der Kantonalen 2025 den leitenden Grundgedanken mit auf den Weg geben, dass neo – Die sozialliberale Mitte bei den Grossrats- und Staatsratswahlen als Partei des Oberwallis auf jeder Ebene darum besorgt sein muss, dass die Interessen unseres Kantonsteils und unsere sozialliberale Programmatik und Werte in Sitten repräsentiert werden und Gehör finden.
Als Mitte-Partei betreiben wir im Oberwallis tatsächlich noch eine in der Mitte der politischen Skala angesiedelte Politik. Als soziale und liberale Werte und eine konstante Programmatik vertretende Mitte-Partei stellen wir im Grossen Rat oftmals das Zünglein an der Waage bei wichtigen Abstimmungen dar. Diesem bewährten sachpolitisch orientierten Mitte-Kurs jenseits populistischen Geplänkels wollen wir treu bleiben. Wankelmütigen, aus Aktualitäten und kurzlebigen Umständen geborenen Verlockungen gilt es zu widersagen.
Die zentrale Herausforderung unserer Parteileitung wird in den kommenden Monaten darin bestehen, unsere Rolle neu zu definieren, Pfade neu auszutreten und die Funktionsweise im politischen Gefüge zu überdenken und neu zu gestalten. Die Ereignisse der vergangenen Wochen werden diesen Prozess nun einer veränderten Dynamik zuführen.