
Neu geplante Regelung zu Telearbeit sorgt für harsche Kritik der Unia"Radikaler Abbau auf Kosten der Gesundheit der Arbeitnehmenden"
Heute hat die Wirtschaftskommission des Nationalrates (WAK-N) den Vernehmlassungsbericht zur Telearbeit-Vorlage „zur Kenntnis genommen“.
Die Wirtschaftskommission des Nationalrats ist voll des Lobes für Lockerungen, welche laut der Kommission durch den FDP-Politiker Thierry Burkard bereits 2016 angestoßen wurden, der je nach politisch Ansicht auch als marktradikal gilt und sich etwa unter anderem auch für eine Liberalisierung des Waffenhandels bzw. Schweizer Waffenexporten starkgemacht hatte.
„Mit der geplanten Änderung des Arbeitsgesetzes und des Obligationenrechts soll das Arbeitsrecht an die Entwicklungen der letzten Jahre angepasst werden“, so die Kommission sie weiter schreibt, sie „möchte mit ihrer Vorlage insbesondere mehr Flexibilität für Arbeitnehmende und eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie erreichen“.
Ganz anders sieht es die Gewerkschaft Unia. Diese kritisiert:
„Unter dem Deckmantel der « Flexibilität » baut die Wirtschaftskommission des Nationalrates den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmenden radikal ab.
Mit einem Arbeitszeitrahmen von 17 Stunden, der Reduktion der Ruhezeit von 11 auf 9 Stunden mit möglichen Unterbrechungen und mit Sonntagsarbeit werden die Folgen für die Gesundheit der Beschäftigten dramatisch sein. Arbeitsmediziner und Arbeitsinspektorate teilen diese Einschätzung.“
Die Unia fordert den Nationalrat auf, den „katastrophalen Entscheid“ seiner Kommission zu korrigieren.
Den Bedenken der großen Mehrheit der Vernehmlassungs-Teilnehmer, insbesondere der Gesellschaft für Arbeitsmedizin, der Universitäten Genf und Basel, des Fachverbandes Public Health sowie des Verbands der kantonalen Arbeitsinspektorate und der kantonalen Arbeitsmarktbehörden, habe die Kommission „keine Beachtung geschenkt“ so die Unia.
Im Gegenteil habe sie hat die Vorlage ausgeweitet und gefährde so „die Gesundheit der Arbeitnehmenden, welche regelmäßig oder auch nur gelegentlich Telearbeit leisten“.
Unia: „Radikale Verschlechterung der Arbeitsbedingungen“
Unter dem Deckmantel der «Flexibilität» wolle die Kommission die Arbeitsbedingungen bei Telearbeit radikal verschlechtern, so die Gewerkschaft. Es geht offenbar in Richtung Bereitschaftsdienst wie man ihn schon aus dem Spital- und Gesundheitswesen kennt.
Arbeitnehmer, die einen Teil der Arbeit außerhalb des Betriebs erledigen, müßten dem Arbeitgeber an 17 Stunden pro Tag zur Verfügung stehen, ihre Ruhezeit würde auf 9 Stunden verkürzt und könnte auch noch unterbrochen werden, bewilligungsfreie Sonntagsarbeit würde eingeführt, so die Kritik.
Demnach könnte eine Pflegerin, die im Zug administrative Tätigkeiten erledigt, der Sicherheitsagent, der technisch von zu Hause aus ein Gelände überwacht, oder ein Polier, der in einem Gemeinschaftsbüro organisatorische Arbeiten erledigt, nur noch 9 Stunden Ruhezeit haben und bewilligungsfreie Sonntagsarbeit leisten müssen.
Gewerkschaft: „Verheerende Folgen für die Gesundheit“
Daß überlange Arbeitstage und zu kurze Ruhezeiten ein Gesundheitsrisiko darstellen, sei längst wissenschaftlich belegt, so die Unia weiter. Trotzdem wolle die Kommission diese einseitige Liberalisierung des Arbeitsrechts auf Kosten der Arbeitnehmenden durchboxen.
Die Vorlage sei Teil einer Kaskade von Vorstößen, die das Ziel des Abbaus von Schutzbestimmungen im Arbeitsgesetz verfolgen: Die Beschäftigten sollen den Arbeitgebern rund um die Uhr zur Verfügung stehen und je nach betrieblichen Bedürfnissen einsetzbar sein.
Die Arbeitnehmenr wollen aber keine Verlängerung der Arbeitstage, so die Gewerkschaft: Im Gegenteil, sie bräuchten mehr echte Freizeit und besseren Schutz vor gesundheitlichen Risiken bei der Arbeit.
Die Unia habe „größte Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen dieser Abbauvorlage auf die Arbeitsbedingungen, insbesondere auf die Gesundheit und das Privatleben von Arbeitnehmenden mit Telearbeit“.
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(rm, pd)