
Bergblüten AG: Walliser Obere gegen Cannabis-ProjekteReggae-Vergangenheit im Konflikt mit der Gegenwart?
Während in Städten wie Zürich, Basel und Lausanne Pilotprojekte zur legalen Abgabe von Cannabis florieren, zieht der Kanton Wallis eine andere Linie.
Ein auf Bundesebene genehmigtes Projekt zur kontrollirten Cannabis-Abgabe stößt im Wallis auf Widerstand.
Staatsrat Stéphane Ganzer blockirt das Vorhaben der Bergblüten AG, obwohl diese seit über drei Jahren auf eine Genehmigung wartet.
Staatsrat Stéphane Ganzer (FDP) zeigt sich unnachgiebig.
Seit dem 1. Mai im Amt, lehnt er das Vorhaben der Bergblüten AG ab.
Das Unternehmen wollte im Rahmen eines wissenschaftlich begleiteten Pilotprojekts Cannabis legal abgeben.
Ziel war es, Erkenntnisse über Konsumverhalten, Gesundheitsschutz und die Schwächung des Schwarzmarkts zu gewinnen. Doch Ganzer sagt klar: „In meinem Departement gibt es derzeit kein Interesse an Ihrem Projekt.“
Reggae-Vergangenheit trifft auf harte Linie
Wie verschiedene Medien nun schreiben, hat Ganzer eine nicht ganz Cannabis-ferne Vergangenheit.
Ganzer war einst Mitglied der Reggae-Band Zion’s Power. Heute scheint von dieser entspannten Zeit wenig übrig, so kritisiert etwa der Tagesanzeiger.
In der jamaikanischen Kultur, aus der Reggae stammt, wird Cannabis, auch als „Ganja“ bekannt, von einigen als sakrales Kraut angesehen, das spirituelle und heilende Wirkung haben soll. Diese Sichtweise wird in Texten und der Lebensweise einiger Reggae-Künstler, wie Bob Marley, reflektiert, der Cannabis öffentlich unterstützte.
Zusammen mit Polizeikommandant Christian Varone setzt er auf eine strenge Haltung. Varone nennt das Kiffen eine „Plage“ und warnt vor einer „beispiellosen Kokain- und Haschischwelle“. Ganzer fürchtet ein „falsches Signal an die Jugend“.
Widersprüche und Kritik
Interessant ist der Kontrast zu Ganzers Vergangenheit. Sein ehemaliger Bandkollege Emmanuel Amoos, SP-Nationalrat, unterstützt die Pilotprojekte. Er fordert sogar eine vollständige Legalisierung. „Nicht jeder Reggae-Musiker konsumiert Cannabis“, sagt Amoos. Er sieht in der Blockade eine verpaßte Chance.
Die Meinungen in der Bevölkerung gehen auseinander. Manche loben die harte Linie der Behörden. Andere wünschen sich eine offene Debatte.
Wirtschaftliches Potential bleibt ungenutzt
Das Wallis hat Erfahrung im Anbau von Heilpflanzen. Das könnte die Region zu einem Standort für eine regulierte Hanfindustrie machen, so Befürworter. Doch der Kanton nutze dieses Potential nicht, kritisieren sie. Stattdessen halte man am Status quo fest. Das könnte wirtschaftliche Chancen kosten und das Vertrauen in die Behörden schwächen, so heißt es weiter.
Die Debatte ist offen. Fürs Erste bleibt das Wallis eine Ausnahme in der Schweiz – eine Region, die sich gegen den Zeitgeist stellt. Ob dieser Kurs Bestand hat, wird die Zukunft zeigen.
Ergänzung
Staatsrat Stéphane Ganzer erklärt auf Anfrage von Walliser Zeitung, daß die aktuell in den Medien gegen ihn kolportierten Vorwürfe falsch sind. Er schreibt:
„Mein Interesse an Reggae bezieht sich auf den Kampf gegen Ungleichheit und das Anprangern von Gewalt.
Deshalb bin ich ein großer Fan afrikanischer Künstler, deren Texte sich nicht auf die Verherrlichung von Cannabis beschränken, sondern auch gesellschaftliche Themen aufgreifen.
Meine Linie hat sich in den letzten 30 Jahren nicht geändert.“
(pd, rm)
(Bild: Staatsrat Stephane Ganzer ganz rechts, ein Bild, das auch der TagesAnzeiger verwendet, um auf die Mitgliedschaft in der Bänd „Zions Power“ einer „Reggae-Band“.)