
Unfreiwillig gewählter Gemeinderat in Collonges verweigert AmtsantrittGegen seinen Willen gewählt, verweigert er sich
Im Dorf Collonges sorgt ein ungewöhnliches Polit-Drama für Aufsehen: Ein Mann, der letzte Jahr im Oktober 2024 gegen seinen Willen in den Gemeinderat gewählt wurde, weigert sich seitdem beharrlich, sein Amt anzutreten.
Der Vorfall wirft ein Schlaglicht auf die Herausforderungen des Milizsystems und den sogenannten Amtszwang in kleinen Schweizer Gemeinden.
Hintergrund: Amtszwang und fehlende Kandidierende
In der 900-Seelen-Gemeinde Collonges im Unterwallis standen bei den Gemeinderatswahlen im Oktober 2024 zu wenige Kandidaten für die 5 Sitze zur Verfügung.
Aufgrund des in mehreren Schweizer Kantonen, darunter Wallis, geltenden Amtszwangs wurden in der Folge 2 Bürger gewählt, die gar nicht kandidiert hatten. Einer der beiden, der aus gesundheitlichen Gründen zurücktrat, wurde vom Kanton entlassen.
Der zweite jedoch, ein Mann, der seine Ablehnung mit beruflicher Überlastung begründet, wurde nicht vom Amt entbunden und boykottiert seither sämtliche Gemeinderatssitzungen.
Reaktionen und Argumente
Der unfreiwillig Gewählte erklärte in der «Schweiz am Wochenende», daß Amtszwang im Jahr 2024 «in keiner Weise akzeptabel» sei. Er argumentiert, daß seine beruflichen Verpflichtungen die Übernahme des Amtes unmöglich machen.
Keine Lust = kein Grund
Der Kanton Wallis akzeptierte diesen Grund jedoch nicht, da «keine Lust» oder berufliche Belastung in Kantonen mit Amtszwang keine ausreichenden Gründe für eine Amtsablehnung darstellen.
Der Fall zeigt ein grundlegendes Problem kleiner Gemeinden in der Schweiz: Die Bereitschaft, ein Exekutivamt zu übernehmen, nimmt ab. Besonders im Wallis, wo Amtszwang weiterhin gilt, führt dies zu skurrilen Situationen.
Ähnliche Fälle sind auch aus anderen Kantonen bekannt, etwa aus Wassen im Kanton Uri, wo 2 Männer ebenfalls unfreiwillig gewählt wurden und ihre Ablehnung mit beruflichen Verpflichtungen begründeten.
Milizsystem und Amtszwang in der Kritik
Das Schweizer Milizsystem, bei dem Bürger nebenberuflich politische Ämter übernehmen, ist ein zentraler Bestandteil der direkten Demokratie.
In Kantonen wie Wallis, Uri, Zürich, Nidwalden, Solothurn, Graubünden und Appenzell-Innerrhoden gilt zudem der Amtszwang, der gewählte Personen zur Annahme eines Amtes verpflichtet, sofern keine triftigen Gründe (z. B. Gesundheit oder Alter) vorliegen.
Freiheit und Entfaltung vor öffentlichen Verpflichtungen?
Kritiker, wie der unfreiwillig gewählte Gemeinderat in Collonges, sehen darin eine unzeitgemäße Praxis, die die persönliche Freiheit einschränkt.
Immer weniger Bürger sind bereit, ihre Freizeit zu opfern, um sich politisch zu engagieren, insbesondere in kleinen Gemeinden mit begrenzten Ressourcen.
Ausblick: Resignation der Behörden?
Während der unfreiwillig gewählte Gemeinderat in Collonges weiterhin die Teilnahme an Sitzungen verweigert, scheint der Kanton Wallis laut Berichten von SRF-Korrespondent Philippe Reichen zu resignieren.
Es bleibt unklar, wie die Behörden mit der Situation umgehen werden, da ein dauerhafter Boykott die Funktionsfähigkeit des Gemeinderats gefährden könnte.
In anderen Fällen, wie etwa in Bauen (UR) 2008, führte der Protest unfreiwillig Gewählter dazu, dasßder Gemeinderat nicht mehr beschlußfähig war, nachdem mehrere Personen ihren Wohnsitz verlegten, um dem Amtszwang zu entgehen.
Der Fall in Collonges verdeutlicht die Spannungen zwischen Tradition und modernen Lebensrealitäten im Schweizer Milizsystem. Während der Amtszwang darauf abzielt, die Funktionsfähigkeit kommunaler Gremien zu sichern, stößt er zunehmend auf Widerstand.
Die abnehmende Bereitschaft, politische Ämter zu übernehmen, stellt kleine Gemeinden vor die Herausforderung, neue Modelle zu entwickeln, um engagierte und motivierte Personen für die Lokalpolitik zu gewinnen.
Ob der Kanton Wallis in diesem Fall eine Lösung findet oder ob der Boykott des unfreiwillig Gewählten anhält, bleibt abzuwarten.
Quellen, Weiterführendes
- Bluewin: Unfreiwillig gewählter Gemeinderat verweigert Dienst
- SRF: Amtszwang in Gemeinden – Wenn die Wahl zur Pflicht wird
- 20 Minuten: Unfreiwillig in den Gemeinderat gewählt – Mann verweigert das Amt