Home Aktuelles, Nachrichten Wallis 60 Jahre nach dem Unglück in Mattmark
Mattmark: Erinnern – und die richtigen Lehren ziehen
60 Jahre nach dem Unglück in MattmarkMattmark: Erinnern – und die richtigen Lehren ziehen

60 Jahre nach dem Unglück in Mattmark

Mattmark: Erinnern – und die richtigen Lehren ziehen
0

 Vor 60 Jahren kamen beim Bau des Staudamms in Mattmark 88 Arbeiter:innen ums Leben. Nach einem Abbruch des Allalingletschers wurden sie unter Eis und Geröll begraben.

Die Frage der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes auf Baustellen ist auch heute aktuell, so die Gewerkschaft Unia: 

Am 30. August 1965 verschütteten Eis und Geröll Hunderte von Arbeiter:innen, die den Staudamm in Mattmark bauten. 88 Personen verloren unter den Massen, die sich vom Allalingletscher gelöst hatten, ihr Leben.

Es handelte sich um 86 Männer und zwei Frauen, 56 davon stammten aus Italien.

Es ist das schlimmste in den Alpen je vorgefallene Unglück. Das Schreckliche dabei: Das Unglück wäre vermeidbar gewesen.

Die Baracken, Kantinen und Werkstätten befanden sich an einem sehr gefährlichen Standort, der für die ständigen Abbrüche bekannt war. Die Warnungen der Arbeiter:innen wurden nicht ernst genommen.

Die Erinnerung wachhalten

Verschiedene Anlässe erinnern diese Woche an die Katastrophe. Die Vereinigung Wallis/Italien organisiert einen runden Tisch zu Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz sowie Gedenkanlässe in Naters und Mattmark, an denen auch Vertreter:innen der Gewerkschaft Unia teilnehmen, darunter Vania Alleva.

Für die Unia-Präsidentin bedeutet «Mattmark nie vergessen» zuerst, «der 88 Todesopfer zu gedenken und ihren Hinterbliebenen unser Mitgefühl und unsere Solidarität auszudrücken.» Ihr Schicksal stehe «stellvertretend für unzählige Arbeitsmigrant:innen, die den Wohlstand der Schweiz mit aufgebaut haben und aufbauen, die oft aber nicht Dankbarkeit, sondern Ablehnung erfahren.»

Anfang August ist zudem ein neues Buch der Historikerin Elisabeth Joris erschienen, das der Erinnerung an Mattmark gewidmet ist. Joris läßt Frauen zu Wort kommen, die als Arbeiterinnen oder als Angehörige direkt von der Katastrophe betroffen waren.

Und sie wirft einen Blick auf die unterschiedliche Erinnerungskultur in Italien und der Schweiz: Während in Italien, woher die meisten der getöteten Arbeiter stammten, stets Fragen nach Verantwortlichkeit und Arbeitssicherheit im Zentrum standen, herrschte in der Schweiz die Ansicht vor, das Unglück sei «unvorhersehbar» gewesen.

Die Auswertung der Prozeßakten im Buch widerlegt dieses Dogma der Unvorhersehbarkeit. Im Buch zeigt der ehemalige Co-Präsident der Unia, Vasco Pedrina, zudem auf, wie Mattmark zu einem eigentlichen Wendepunkt der gewerkschaftlichen Migrationspolitik hin zu einem solidarischen «Gemeinsam sind wir stark!» geführt hat.

Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz im Fokus

Die Arbeitssicherheit auf den Baustellen hat sich dank dem Engagement der Sozialpartner seither stark verbessert.

Doch noch heute zählt der Bau zu den gefährlichsten Branchen der Schweiz. Jeder sechste Bauarbeiter verunfallt Jahr für Jahr; im Schnitt stirbt alle zwei Wochen ein Bauarbeiter bei einem Arbeitsunfall. Besonders im Fokus steht heute der Gesundheitsschutz der Bauleute.

Sowohl der massiv gestiegene Termindruck und die langen Arbeitstage wie auch die aufgrund des Klimawandels zunehmenden Hitzetage gefährden Gesundheit und Sicherheit der „Arbeiter:innen“.

Die Gewerkschaft Unia fordert deshalb eine Reduktion der Belastung bei den Arbeitszeiten sowie verbindliche Kriterien zur Einstellung der Arbeit auf Baustellen ab 33 Grad.

Damit zusammenhängend gehören auch Konventionalstrafen bei Terminverzug abgeschafft. Denn Termindruck darf nicht auf Kosten der Gesundheit der Arbeiter:innen gehen. Auch das ist eine Lehre aus dem Unglück von Mattmark.

Mattmark 1965–2025 – Tragödie in den BergenKulturzentrum Sonnenhalde in Saas-Grund mit Ausstellung

Staudammprojekt Mattmark364 Rückmeldungen aus der Bevölkerung und von Besuchern des Saastals

Wanderung Saas-FeeVon Saas-Fee zum Stausee Mattmark

Bergrestaurant „Mattmark“: Kurze Bewerbungsfrist für PächterDie 4 Talgemeinden suchen einen neuen Pächter

(pd, rm)
(Archivfoto: Swissair)

Fehler gefunden? Jetzt melden.

IHRE MEINUNGEN