
Grösstes Tier in den Alpen entdeckt
Eine Glosse von Thomas Baumann
Was ist das grösste Tier in den Alpen? Nein, es ist nicht der Bär, wenn er sich denn wieder einmal blicken lässt. Es ist die Zermatter Anaconda-Klapperschlange. Sie schleicht sich lautlos an und würgt ihr Opfer, bis sie es verschlingen kann. Mit Vorliebe ahnungslose Üsserschwiizer.
Die Zermatter Anaconda-Klapperschlange ist weiter verbreitet als man glaubt. Eigentlich beherrscht sie sogar das ganze Dorf. In Zermatt gilt die Devise: Nur wer schweigt, lebt selig.
Wird sie aber trotzdem einmal gestellt, greift sie zu einem Trick. Sie rasselt zum Zwecke der Ablenkung mit dem Schwanz. Bekannt dafür ist zum Beispiel die Gattung Romy Bineriensis. Sie hat die Strategie des Einschläferns durch nichtssagende rasselnde Phrasen zur Kunst erhoben. Sie könnte damit jeden Schlangenbeschwörer selbst in Trance versetzen. Auf der Djemma el-Fna wäre sie damit die ultimative Touristenattraktion.
Aber auch die Gattung Benchj Schallerienses ist gefürchtet: Sie wendet verschiedene Verteidigungsstrategien an.
Zuerst einmal reagiert sie auf Anfragen überhaupt nicht. Die E-Mails sind zwar angekommen – aber nix da. Es herrscht Schweigen im Wald. Man tut so, als existiere man nicht oder bestenfalls als Halo hinter den sieben Bergen bei den sieben Zwergen. Auf den Gipfel herrscht Abendruh, und Morgenruh und Mittagsruh und Gott hat die Welt noch nicht erschaffen. Amen.
Aber dann kommen ein paar Adlaten fauchend aus der Deckung:
Guten Tag Herr Baumann
Wir haben in Ihrem Namen 3 e-mails (s. unten), welche an Schaller Benjamin adressiert sind, als CC erhalten. Aufgrund des Inhalts und der Beleidigungen haben wir grosse Zweifel, dass solche Inhalte aus der Feder eines Journalisten stammen. Zudem kann die Schallergroup mit dem Inhalt der mails nichts anfangen.
Wir haben recherchiert und herausgefunden, dass der «Versender» hinter einem Proxy in den USA einen Apache Webserver aufgesetzt und per Sendmail eine Mail in „Textformat“ verschickt. Für den Versand hat er den Proxyanbieter benutzt. Durch ein solcher Versand können Absender gefälscht werden. Der Header hat keine offizielle IP Adresse, es handelt sich um den sogenannten Localhost 127.0.0.1, dies widerspricht der IP/DNS Record von „walliser-zeitung.ch“.
Wir denken, dass es sinnvoll ist, Sie darüber zu informieren.
Sollten aber tatsächlich Sie der Verfasser sein, bitten wir Sie, sich direkt an die offizielle Adresse der betreffenden Firma zu wenden.
Freundliche Grüsse
Schallergroup
Die Abwehrstrategie:
1. Wir glauben nicht, dass Sie der sind, der Sie vorzugeben scheinen. Immer eine schöne und dankbare Finte: Zeitspiel mit Journalisten gibt keine gelben Karten.
2. Man spielt die beleidigte Leberwurst und ergeht sich selber in dem unbeholfenen Versuch, die Ehre des Gegenübers zu kränken. Klar doch, dem Journalisten ist das schlechte Hochdeutsch des Betreffenden bzw. seiner Geschäftspartner aufgefallen, wir unverschämt! Das ist natürlich eine Majestätsbeleidigung. „La langue allemande, c’est moi“, könnte man da in Anlehnung an Ludwig XIV sagen. Damit erschöpfen sich die Parallelen zum französischen Sonnenkönig aber nicht. Wie er liebt man auch in Zermatt das Theater. Hatte Ludwig XIV aber noch Grössen wie Moliere am Hof – nun, da ist es mit der Qualität des Zermatter Theaters nicht eben weit her. Und vor allem wäre es dem Pariser Sonnenkönig im Gegensatz zu den Zermatter Sonnenkönigen nie in den Sinn gekommen, selber die Hauptrolle spielen zu wollen – nicht einmal in einem Stück von Moliere. Die Zermatter Sonnenkönige gieren aber schon bei jeder Schmierenkomödie nach der Hauptrolle, als herrschte in Zermatt noch überall Hungersnot. Sie würden wohl noch beim Metzger dem Kind das Wurstrugeli wegessen.
3. Und zu guter Letzt wird man in die Endlosschleife geschickt. Benchj Schaller hat fünfzehn Firmen in seiner Holding – und man sucht Benchj Schaller. Man findet ihn auch – aber dann findet ein namenloser Adlat von ihm, man müsse ihn bei einer anderen Firma suchen. Diese Firma hat aber keinen Internetauftritt, keine E-Mail-Adresse, kurz: Benchj Schaller ist dort nicht auffindbar.
Wenn der Journalist dann bescheiden und unterwürfig seine Unfähigkeit kund tut, mangels Internetauftritt die Kontaktadresse Schallers bei der besagten Firma zu eruieren und zu diesem Zweck sogar an die traditionelle Zermatter Gastfreundschaft appelliert – dann herrscht wieder tiefste Ruh im Wald und kein Ton erreicht des Journalisten Ohr.
Alles, als wäre nie etwas gewesen. Das namenlose fauchende Tier verschwindet wieder in seiner Höhle. Und es herrscht wieder Ruhe über den Gipfel und Wipfeln von Zermatt.
Doch du, müder Wandersmann, gibt Acht: Irgendwo da draussen lauert sie, die Zermatter Anaconda-Klapperschlange, auf ihr nächstes Opfer. Falle nicht auf ihr Rasseln hinein.