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Luftkämpfe im Wallis

Luftkämpfe im Wallis

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Eine Analyse von Thomas Baumann

„Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein“ – so heisst es in einem bekannten Song. Viele Freiheiten nehmen sich zurzeit auch die Rettungsfluggesellschaften Rega und Air Zermatt heraus. Nach der Devise: Wer anderen helfen will, helfe primär einmal sich selbst, versuchen sie, einander im Kampf um die Walliser Lufthohheit mit allen Mitteln die Flügel zu stutzen.

So wirft Air Zermatt-Chef Philipp Perren in einem zweiseitigen 20-Minuten-Interview der Rega „rufschädigendes und strafrechtlich relevantes“ Verhalten vor. Starker Tobak! Dafür ist der Jurist sicher ein Experte – in Theorie und Praxis. Wirft er der Rega doch selbst vor, „dort, wo sie Konkurrenten aus dem Markt drängen will […] mehr Helikopter ab[zustellen].“ Um nach erfolgreicher Ausbootung der Konkurrenz das Angebot wieder herunterzufahren. Wenn dies keine rufschädigende Äusserung ist – was dann?

Immerhin: Als offenbar gelehriger Schüler hat er das Verhalten eines Monopolisten gemäss ökonomischem Lehrbuch soweit korrekt zusammengefasst. Während seine Aussage, es gäbe keinen Walliser Filz wohl eher in die Kategorie „vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sehen“ einzuordnen ist.

Gänzlich unnötiger Konflikt

Allerdings ist der Konflikt zwischen der Rega und der Air Zermatt gänzlich unnötig. Air Zermatt und Air Glaciers haben ein vollständiges Rettungsdispositiv angeboten, mit je drei Helikoptern im Ober- und Unterwallis zu Spitzenzeiten. Natürlich: Für das dreimal bevölkerungsreichere Unterwallis gibt es „nur“ dieselbe Anzahl Helikopter wie für das Oberwallis. Wäre es umgekehrt – man würde im oberen Kantonsteil garantiert „Diskriminierung“ schreien (wie eigentlich immer, wenn das Oberwallis nicht besser wegkommt als das Unterwallis). Aber wegen dem verweigerten Anspruch des schwach besiedelten Goms auf eine eigene Nachtambulanz, hat das vereinigte Oberwallis die KWRO bereits derart sturmreif geschossen, dass diese schon aus Eigeninteresse darauf achten musste, nicht noch einmal ins Kreuzfeuer der Kritik aus dem Oberwallis zu geraten. Diese richtete sich dabei zunehmend weniger gegen die Sache, als dass sie vermehrt auf die Person (oder die Personen) abzielte. So dass die KWRO wohl allen Grund hatte, auch in eigener Sache einmal nach der Maxime zu handeln: „Wer anderen helfen will, rette zuerst einmal den eigenen Kopf“.

Würde man dem Walliser Boten derartige strategische Weitsicht zutrauen, dann hätte er die der Bedeutung der Angelegenheit kaum angemessene umfangreiche Berichterstattung rund um die Nachtambulanz im Goms nur darum geführt, damit die KWRO später den Auftrag an die Air Zermatt (und die zu ihr gehörende Air Glaciers) vergibt – bekanntlich ein guter Inseratenkunde. Oder nennen wir es zumindest eine doppelte Dividende: Der „Bote“ machte sich zum tapferen „Winkelried“ des Oberwallis – und half damit zumindest indirekt auch einem guten Inserate-Kunden.

Air Zermatt und Air Glaciers hatten also ein vollständiges Rettungsdispositiv eingereicht, während die Rega wohl eher auf Rosinenpickerei aus war. Nach der Devise: Wir versprechen gar nichts, aber wenn wir gerade freie Kapazität haben und ihr uns benötigt, dann fliegen wir gerne (und kassieren ein wenig mit). Kein Wunder, wollte die KWRO, die ja dafür verantwortlich ist, dass der Laden läuft und bei Bedarf ein Helikopter in der Luft ist, nicht auf einen derart unzuverlässigen Gesellen bauen, der vielleicht gerade dann unabkömmlich ist, wenn man ihn am dringendsten brauchen würde. Denn klar ist: Mit einem einzigen Helikopter in Sitten, wie ihn die Rega hat, kann man das Pflichtenheft der KWRO nicht erfüllen.

Wenigstens konsequent

Und so hat die KWRO durchaus recht: Beim Rettungsdispositiv auch noch die Rega mitzuberücksichtigen, würde zweifelsohne einen Mehraufwand verursachen.

Aber: Ein zusätzlicher zur Verfügung stehender Helikopter könnte durchaus einmal Leben retten. Ging es eben beim Goms noch um die Frage, ob nicht vielleicht einmal eine eigene Ambulanz im Tal lebensrettend sein könnte, interessiert dies das vereinigte Oberwallis jetzt keinen Deut mehr. Kein Wunder, ist man mit den drei Helikoptern der Air Zermatt selber doch schon sehr gut versorgt.

Wenigstens ist die KWRO in diesem Punkt konsequent und nimmt sowohl im Fall der Gommer Ambulanz wie des Rega-Helis auf das „vielleicht einmal“ keine Rücksicht.

Das Einbinden der Rega in das Rettungsdispositiv hätte aber noch einen anderen Vorteil gehabt: Konkurrenz verhindert, dass die bisherigen Spieler allzu fett und träge werden. Es ist wie beim Fussball: Wärmen sich die Einwechselspieler an der Seitenlinie auf, rennen alle auf dem Platz plötzlich schneller.

Die Rega an die Seitenlinie zu beordern, wäre somit ein geschickter strategischer Schachzug gewesen, damit die Air Zermatt nicht zuviel Fett ansetzt. Egal ob sie dann letztlich eingewechselt (d.h. beigezogen) wird oder nicht.

So kann man eigentlich niemandem in dieser Angelegenheit ein wirklich gutes Zeugnis ausstellen.

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