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Abfall-Chaos in Leukerbad

Abfall-Chaos in Leukerbad

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Ein Kommentar von Thomas Baumann

Dass das neue Abfallreglement mit der Kehrichtsackgebühr auf den 1. Dezember eingeführt werden sollte, war in Leukerbad schon lange vorher beschlossene Sache: So wurden die ansonsten jährlich fakturierten Abfallrechnungen heuer nur für den Zeitraum Januar-November ausgestellt.

Fragen muss man sich daher, warum die Urversammlung erst fünf Wochen vor der Einführung der Sackgebühr darüber abstimmen konnte: Warum so übereilt auf den letzten Drücker? Der Gemeindepräsident wollte dazu nicht Stellung nehmen.

Entsprechend zeigen sich die Folgen dieser dilettantischen Zeitplanung.

Etwa Mitte November erhielten die Einwohner Leukerbads einen Brief, in dem über die Umstellung auf die Kehrichtsackgebühr informiert wurde. Ein Gratis-Gebührensack 35 Liter lag bei. Nicht die schlechteste Idee, um die in- und ausländischen Saisonarbeiter auf die neue Situation aufmerksam zu machen.

Nicht informiert wurden selbstverständlich einmal mehr die Zweitwohnungsbesitzer – geschweige denn mit einem Gratis-Gebührensack beglückt. Getreu der lokalen Auslegung der heiligen Schrift: Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass einem Zweitwohnungsbesitzer etwas geschenkt wird.
Der Gemeinderat war der Ansicht, die Verwaltungen würden die Ferienwohnungsbesitzer dann schon informieren. Naiv?
Fakt ist: Der Wert einer Anlage ist gleich der Summe der abdiskontierten (Netto-)Erträge. Oder anders gesagt: Eine Aktie, die jedes Jahr bis in alle Ewigkeit 10 Franken Dividende abwirft, wird ziemlich genau doppelt so viel kosten wie eine Aktie, die nur 5 Franken pro Jahr abwirft.
Wer auf dem Vergleichsportal Comparis die zum Kauf angebotenen Immobilien nach Preisen aufsteigend (also die billigsten Objekte zuerst) sortiert, erhält zuerst ein paar halbverfallene Rustici im Tessin angezeigt. Und darauf kommen schon auch die ersten Studios in Leukerbad.
Studios in Leukerbad sind somit die billigsten bewohnbaren Immobilien in der Schweiz überhaupt. Ein tiefer Asset-Preis widerspiegelt bekanntlich tiefe Netto-Erträge. Die Nettoerträge sind darum so tief, weil entweder bereits die Bruttoerträge tief sind (mit anderen Worten: Leukerbad schlicht und einfach eine uninteressante Tourismusdestination ist) – oder aber hohe Kosten die an sich nicht schlechten Bruttoerträge auffressen.
Diese Zeitung ist auch aus eigener Anschauung der Ansicht, dass sich in Leukerbad ganz gut leben lässt. Natürlich nicht wegen der völlig überbewerteten Chlortümpel, die irreführenderweise unter dem Namen „Thermalbad“ firmieren und zu Stosszeiten dichter belegt sind als der ÖV in Zürich – sondern wegen der frischen Luft und der erholsamen Natur.
Der Grund für die tiefen Preise der lokalen Ferienwohnungen sind somit ganz klar die horrenden Kosten, die mit dem Besitz einer solchen Immobilie verknüpft sind. Oder mit anderen Worten: Die Zweitwohnungsbesitzer (auch bekannt als: „Touristensparsäuli“) werden geplündert bis zum Gehtnichtmehr.
Dass den Kosten nicht immer auch entsprechend hohe Leistungen gegenüberstehen versteht sich da ganz von selbst. Oder kurz: Die meisten Ferienwohnungsbesitzer wurden natürlich nicht informiert.
Da werden dann zur Weihnachtszeit die Kinder der betagten Ferienwohnungsbesitzer ein paar Tage in Leukerbad verbringen – und keine Ahnung davon haben, dass die bisher benutzten schwarzen Kehrichtssäcke plötzlich illegal sind. Die Fotos, die am letzten Wochenende in Leukerbad aufgenommen wurden, geben einen Vorgeschmack auf das, was über die Festtage zu erwarten ist.
Immerhin: Ein paar Geschäfte verkaufen die neuen Gebührensäcke auch einzeln – für eine Gebühr von 50 Rappen. Dies erinnert ein wenig an Länder wie Indonesien, wo man selbst Zigaretten stückweise kaufen kann. Leukerbad ist langsam aber sicher auf 3.Welt-Niveau angekommen.
Die Gemeinde hat ebenfalls damit begonnen, neue Containerpressen für Papier und Karton hinzustellen. Ob diese bereits in Betrieb sind, dazu mochte sich der Gemeindepräsident ebenfalls nicht äussern. Wie sie zu benutzen sind, wird dem Laien – jedenfalls bislang – ebenfalls nicht erklärt. Folge: Karton und Papier landet neben statt im Container.
Dass das neue Abfallreglement noch nicht in den Köpfen der Bewohnerinnen und Bewohner angekommen zu scheint scheint, vermag angesichts der dilettantischen Zeitplanung und der quasi inexistenten Kommunikationspolitik des Gemeinderats nicht wirklich zu überraschen.
 
 
 

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