
KlimaschutzgesetzWenn fünf das Gleiche tun ist es noch lange nicht dasselbe
Ein Kommentar von Thomas Baumann
„Meh Dräck!“ scheint das neue Motto des Walliser Boten zu sein. Anders lässt sich nicht erklären, warum er eine Schmutzkampagne gegen Staatsrat Franz Ruppen losgetreten hat.
Auf der Frontseite prangte ein Kommentar – nota bene in der Grossauflage, welche jeweils am Donnerstag an alle Haushalte verteilt wird – mit dem Titel: „Ruppens Einsatz ist unproblematisch, aber unglücklich“.
Wir verstehen: Der Redaktor der Generation Millennial ist unglücklich – also ist wieder einmal die ganze Welt unglücklich.
Doch um was geht es überhaupt? Staatsrat Franz Ruppen sitzt im Ausschuss des Komitees gegen das „Stromfressergesetz“, wie es die Gegner nennen.
Dieses Engagement werfe Fragen auf, meint der Redaktor: „Von Staatsrat Ruppen könnte, nein, müsste man eigentlich erwarten, dass er die Interessen des Kantons höher gewichtet als seine persönliche Haltung.“
Die Interessen des Kantons? Damit meint der Redaktor wohl die Interessen des Redaktors. So geht Betroffenheitsjournalismus heute. „L’etat c’est moi!„ sagte einst der König. Heute sagt es ein kleiner Lokalredaktor.
Fakt ist: Es gibt in dieser Frage keine „Interessen des Kantons“. Keine offizielle Position, nichts, niente, nada. Und damit auch keine „Interessen des Kantons“ – ausser in der Traumwelt des Redaktors.
Wer auf die Internetseite des Nein-Komitees geht und dort auf „Komitee“ klickt, sieht 19 ordentlich aufgereihte Köpfe – darunter in der zweiter Reihe von oben, zweiter von links, auch denjenigen von Staatsrat Franz Ruppen.
Wer auf die Internetseite des Ja-Komitees geht, dem springt zuerst einmal der Schriftzug „Spenden“ ins Auge. Dieser verfolgt einem, egal was man anklickt, penetrant. In Sachen Zurückhaltung 1:0 für das Nein-Komitee.
Klickt man weiter auf „Komitee Klimaschutzgesetz JA Oberwallis“ sieht man unter dem Titel „Co-Präsidium Oberwallis“ 10 Köpfe, davon zuoberst diejenigen der übrigen vier Staatsräte. Immerhin schön, hat das Oberwallis neu fünf Staatsräte.

Beim „Comite Oui a la loi climat Bas Valais“ sind als „Botschafterinnen und Botschafter“ 23 Köpfe abgebildet, davon wiederum diejenigen der vier Staatsratsmitglieder, welche für das Klimaschutzgesetz sind.
Soweit ein erster Überblick. Redaktor Adrien Woeffray empört sich nun: „Ruppen ist nicht nur Mitglied des Komitees. Sondern engagiert sich im Komitee-Ausschuss.„
Die Fakten: Franz Ruppen tritt in einem nationalen Komitee an prominenter Stelle in Erscheinung. Dort erkennt man ihn wohl kaum. Dafür ist das Wallis, pardon, zu wenig wichtig. Die einzigen zwei Walliser, die man in der Üsserschwiiz überhaupt kennt, sind die beiden wilden Constantins, David und Christian.
Die übrigen vier Walliser Staatsräte fungieren hingegen als „Co-Präsidium Oberwallis“. Also deutlich werbewirksamer als Franz Ruppen, dessen Porträt sich irgendwo in den Weiten der Üsserschwiiz verliert. In Sachen Zurückhaltung steht es damit 2:0 für das Nein-Komitee.
Wenn fünf das Gleiche tun ist es nicht dasselbe
Redaktor Adrien Woeffray braucht geschätzt 6000 Zeichen bis er ausgeschäumt hat und kleinlaut im letzten Abschnitt einräumen muss: „Wäre Ruppens Engagement problematisch, dann müssten auch seine Amtskollegen geradestehen. Denn sowohl Christophe Darbellay, Frederic Favre, Mathias Reynard als auch Roberto Schmidt [ja, der mit dem dicken Mercedes vor der Tür, die Red.] sind ihrerseits Mitglieder des Ja-Komitees für die Abstimmung.“ Die Frage sei erlaubt: Warum macht er dann vorher so einen Aufstand?
Neben den Staatsräten im „Co-Präsidium“ des „Komitee Klimaschutzgesetz JA Oberwallis“ prangt wie immer prominent die Aufforderung zu spenden. Nicht gerade, wie es sich für Staatsräte gehört. Fazit: 3:0 in Sachen Zurückhaltung für das Nein-Komitee.
Die Strategie des „Dreck-Werfens“ ist bekanntlich: Das meiste fliegt zwar weit am Ziel vorbei, aber etwas bleibt immer hängen. So auch im Walliser Boten: Franz Ruppens Einsatz sei zwar „unproblematisch“, ritze das Kollegialitätsprinzip nicht, andere Regierungsmitglieder tun dasselbe. Aber eben doch: „unglücklich“. Warum, darauf bleibt uns der Redaktor selbstverständlich eine Antwort schuldig. Er hat wohl selber keine.
Dafür wirft er sich zum Schluss noch einmal so richtig in Pose: „Und trotzdem wäre Ruppen ein anderer, ungeschriebener Grundsatz gut angestanden: ein wenig mehr Zurückhaltung.“
Dasselbe wäre, mit Verlaub, auch vom Redaktor des Walliser Boten zu fordern. Hätte er sich nämlich nur ein wenig auf den entsprechenden Webseiten umgeschaut, wäre er seiner Pflicht zur Wahrheitssuche auch nur in Ansätzen nachgekommen, dann hätte er feststellen können, nein, müssen, dass sich die Aufforderung zur Zurückhaltung, wenn schon, viel eher an die übrigen vier Staatsratsmitglieder als an Franz Ruppen hätte richten müssen.
Aber wer braucht schon Fakten, wenn er mit Gesinnungsjournalismus durchkommt?
Bildmontage:
Adrien Woeffray (Foto offizielle Webseite von Adrien Woeffray)
Wilhelm Busch (Lehrer-Zeichnung)
Foto des betreffenden Artikels von Adrien Woeffray auf der Titelseite des Walliser Boten (Ausriß)