
Gemeinde Zermatt als Rosinenpickerin
Ein Kommentar von Thomas Baumann
Am 3. August berichtete der Walliser Bote über einen Fall in Zermatt: Weil die Schenkung eines Chalets an die Gemeinde an einer Einsprache scheitert, bleibe vonseiten der Gemeinde – gemäss der Zeitung – „das weitere Vorgehen dem Eigentümer überlassen“.
In Zermatt wurde ein Chalet ausserhalb der Bauzone errichtet. Der folgerichtige Entscheid: Rückbau. Man sieht: Auch im Wallis wird das geltende Recht zumindest gegenüber Personen, welche nicht die richtigen Beziehungsnetzwerke haben, durchaus konsequent durchgesetzt.
Anstatt das Chalet abzureissen, hatten die Eigentümer eine andere – und auf den ersten Blick: bessere – Idee: Das Chalet an einen zonenkonformen Ort zu verschieben. Entsprechend wurde ein Interessent mit zonenkonformem, unbebautem Bauland gesucht, auf welches man das Chalet hätte verschieben können.
Es stellt sich heraus:
1. Die Gemeinde ist interessiert;
2. Von allen Interessenten ist die Gemeinde der geeignetste Interessent.
Leider hatte der Eigentümer die Rechnung jedoch ohne den Wirt, d.h. die Gemeinde gemacht. Gegen die Errichtung (in diesem Fall: Verschiebung) eines Chalets an den neuen Ort ging eine Einsprache ein. So weit, so üblich.
Nur war verfügt worden, dass das Chalet (am alten Ort) bis September 2023 zurückgebaut sein müsse. Die Einsprache gegen das Chalet am neuen Ort wird aber erst im nächsten Jahr entschieden werden. Die Folge: Das Chalet muss abgerissen werden und kann nicht verschoben werden.
Solidarität: Fehlanzeige
So ergeht es dem, der sich auf die Gemeinde Zermatt verlässt. Schliesslich hätte es ja auch noch andere Interessenten gegeben. Zeigt sich die Gemeinde in dieser Situation wenigstens solidarisch, nach der Devise: Mitgegangen, mitgehangen? Iwo! Geht’s ans Eingemachte, wird ruck-zuck das Seil durchschnitten. Eine Seilschaft – ach, eine Seilschaft existierte doch nie.
Man hätte das Chalet von Seiten der Gemeinde ja gerne – und obendrein gratis! – übernommen. Aber wenn das jetzt doch nicht klappt und es auch zu spät ist, das Chalet an einen anderen Ort zu verschieben – da will die Gemeinde plötzlich nichts mehr von einem gemeinsamen Unterfangen wissen. Für den Rückbau hat gefälligst der Eigentümer – und er alleine – aufzukommen. Die Gemeinde geht das alles nichts mehr an.
So ergeht’s dem, der mit der Gemeinde Zermatt Geschäfte macht – wobei hier noch nicht einmal von einem „Geschäft“ die Rede sein kann: Die Gemeinde sollte das Chalet ja geschenkt erhalten. Man profitiert vonseiten der Gemeinde ja gerne, wenn es etwas gratis gibt – aber Solidarität, wenn Probleme auftreten? (Eine Beteiligung an den Entsorgungskosten, wenn man die Möbel doch nicht abholen kommt?) Fehlanzeige! Da ist sich wieder einmal jeder selbst der Nächste.
Entsprechend ist auch der Wert des Versprechens der Zermatter Behörden: Glänzt schön bei schönem Wetter – ist aber bei schlechtem Wetter nichts mehr wert. Der Platz im Trockenen ist dann der Gemeinde vorbehalten – die Anderen werden im Regen stehen gelassen.
Denn wie man sich bettet, so liegt man
Es deckt einen da keiner zu
Und wenn einer tritt, dann bin ich es
Und wird einer getreten, dann bist’s du.
(Bertolt Brecht)
Die Gemeinde wollte zum Fall gegenüber Walliser Zeitung keine Stellung nahmen und verwies „auf die verschiedenen Berichterstattungen, welche im WB erschienen sind. Weiter gibt es dazu nichts zu sagen.“