
Gieriger StaatStaat schnappt sich fast die gesamte Beute
Eine Kolumne von Thomas Baumann
Das Pendlerblatt «20 Minuten» hat eine Masche gefunden, wie es schnell und billig an Themen für Artikel herankommt.
Man gehe zur Staatsanwaltschaft und lese sich durch die ergangenen rechtskräftigen Strafbefehle. Besonders gerne bedient man sich dabei offenbar bei der Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland.
Doch ist das legal? Die Staatsanwaltschaft des Kantons Bern schreibt dazu: «Während einer siebentägigen Auflagefrist können interessierte Personen während der Schalteröffnungszeiten in eine Liste der rechtskräftigen Strafbefehle, sowie in die Strafbefehle selber gemäss Art. 69 Abs. 2 StPO Einsicht nehmen.»
Gerade unlängst tat es das Blatt wieder. Es ging dabei um einen Betrugsfall: Ein Beschuldigter aus dem Kanton Bern lieh sich von einem Bekannten in Deutschland 19’000 Euro — ohne Intention, das Geld zurückzuzahlen. Angeblich wollte er sich dabei für eine mangelhafte Software «revanchieren», welche er seinem Bekannten seinerzeit für 7’000 Euro abgekauft hatte.
So weit so normal. Aufhorchen lässt jedoch das Strafmass: Für diesen Betrug von 19’000 Euro erhielt er eine «unbedingte Geldstrafe von von gesamthaft 15’600 Franken» (plus Verfahrenskosten).
Kurzum: Was er seinem Bekannten geklaut hat, muss er gleich wieder dem Staat abliefern. Und der Betrogene? Dessen Forderung wurde «auf den Zivilweg verwiesen».
Der Staat macht sich in dieser Angelegenheit quasi selber zum Hehler: Anstatt den annähernden Gesamtbetrag des ertrogenen Geldes dem Betrogenen zu überlassen, tut er sich lieber selbst daran gütlich — und lässt den Betrogenen auf dem teuren Zivilweg ‹schmoren›.
Zu hoffen bleibt für den armen Betrogenen nur, dass für ihn, nachdem sich der Staat satt-gefressen hat, auch noch etwas übrig bleibt.