
Kommentar zur AHV-Abstimmung
Eine Kolumne von Thomas Baumann
Von links wird im Vorfeld zur Abstimmung über die Angleichung des Rentenalters das Argument in die Runde geworfen, Frauen wären bei der AHV benachteiligt. Doch wie sehen die Fakten aus?
Die AHV-Statistik des Bundesamts für Sozialversicherungen weist die relevanten Zahlen aus:
Männer zahlen 66% aller AHV-Beiträge, erhalten aber nur 45% der Altersrenten. Auf jeden AHV-Franken, der an das männliche Geschlecht ausgerichtet wird kommen 1.20 Franken, die an die Frauen gehen.
Männer haben im Alter von 65 Jahren eine Restlebenserwartung von 19.3 Jahren, Frauen hingegen eine solche von 22.2 Jahren. Dies sind 2.9 Jahre mehr. Dazu kommt – bisher – das zusätzliche Rentenjahr im Alter von 64. Insgesamt also, im statistischen Durchschnitt, vier zusätzliche Rentenjahre nur für Frauen. Dies erklärt grösstenteils diese Diskrepanz bei der Rentensumme.
Erhalten Frauen „wenigstens“ eine tiefere AHV-Rente, so dass das Argument aus Gewerkschafts- und anderen linken Kreisen immerhin in dieser Hinsicht stimmt?
Wiederum Fehlanzeige! Die Zahlen des BSV zeigen: Die durchschnittliche AHV-Altersrente der Frauen in der Schweiz beträgt 1886 Franken, diejenige der Männer „nur“ 1863 Franken. Zwar ist der Unterschied nicht gross, aber dennoch: Frauen erhalten nicht nur länger Rente – sie erhalten auch pro Kopf mehr Rente.
Hat hier jemand „Rentenklau“ gesagt? Wenn hier überhaupt jemanden die Rente „geklaut“ wird, dann den Männern – und ganz sicher nicht den Frauen. Erhöhung des Frauen-Rentenalters hin oder her.
Die Altersvorsorge ist derjenige Teil der sozialen Sicherheit, in der am meisten von den Schwächeren zu den Stärkeren umverteilt wird: Nämlich von den früher sterbenden Männern zu den langlebigeren Frauen. Eigentlich müsste die Rente der Männer proportional erhöht werden, um das frühere Verscheiden zu kompensieren. Stattdessen dürfen sie den langlebigeren Frauen den Lebensabend versüssen.
Gäbe es eine AHV nach Geschlechtern – einerseits eine für Männer und eine für Frauen: Diejenige für Frauen wäre schon lange bankrott, während diejenige für Männer finanziell solide dastünde.
Durch die Quersubventionierung von der Männern zu den Frauen gibt es überhaupt noch eine AHV für Frauen. Sich obendrein noch ein zusätzliches Rentenjahr im Alter von 64 Jahren draufpacken lassen zu wollen, ist wohl der Gipfel der Unverfrorenheit.