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Kritik von  SwissRailvolution am neuen Fahrplan: „Nötig ist auch ein langfristiger Fahrplan“

Kritik von SwissRailvolution am neuen Fahrplan: „Nötig ist auch ein langfristiger Fahrplan“

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Der Verein SwissRailvolution äußert sich zum neuen Fahrplan. Und übt Kritik an den zukünftigen Planungen. SwissRailvolution erinnert an den damaligen Verzicht auf den sofortigen Doppelspurausbau des Lötschberg-Basistunnels, dessen Vollbau heute eine Milliarde Franken Mehrkosten verursacht.
Es fehle die langfristige Planung, so die Vereinigung:

In der Verkehrskommission des Ständerats (KVF-S) wurde eine ausgewogene Lösung zwischen den 26 Kantonen gefunden, so SwissRailvolution.

Die Kommission stimmte am 22. November zusätzlichen Projekten und Geldern für die Ausbauschritte 2025 und 2035 zu. Jede Region erhält neue Investitionen, die sich in das bestehende Fahrplansystem einfügen. SwissRailvolution unterstützt die von der Kommission vorgeschlagene Lösung, die einen nationalen Kompromiß darstellt.

Ohne ein langfristiges Fahrplankonzept nach dem Vorbild der Zürcher S-Bahn, der Bahn 2000 oder der NEAT bleibt jedoch das Risiko von Fehlinvestitionen hoch.

Ein Teil des Geldes soll dazu verwendet werden, weitere Verschlechterungen im Fahrplan zu verhindern, was von SwissRailvolution zwar begrüßt wird, aber auch ein schiefes Licht auf die aktuell angespannte Situation im SBB-Netz wirft, die zum Teil gerade durch das Fehlen eines langfristigen, funktionsfähigen Gesamtkonzepts verursacht wird.

Über Angebotserweiterungen für den sofortigen Bedarf zu entscheiden, ohne einen Blick auf einen langfristigen Plan zu haben, kommt de facto einer zufälligen Planung gleich – mit dem Risiko von Fehlinvestitionen, die viel Geld und wertvolle Zeit kosten.

SwissRailvolution empfiehlt dem Parlament, den Kurs zu korrigieren und vom Bundesrat ein langfristiges Fahrplankonzept in der „Perspektive Bahn 2050“ zu verlangen, das sich in erster Linie auf den schweizerischen und europäischen Fernverkehr konzentriert, sowohl im Personen- als auch im Güterverkehr. Je früher, desto besser. Der Ständerat wird voraussichtlich am 18. oder 19. Dezember im Plenum entscheiden.

Ein instabiles SBB-Netz und ständig neu korrigierte Projekte

Falsche Berechnungen der Fahrzeiten haben verschiedentlich Verspätungen zur Folge und führen zu einem Abbau im Fahrplan 2025 und 2035: So verursacht z.B. das neue Zugsteuerungssystem ETCS längere Start- und Bremskurven und damit eine Verlangsamung der Züge; für Baustellen gibt es heute im SBB-Fahrplan kaum Zeitreserven, wie z.B. für die Anpassung der Perrons an das neue Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG).

Jede zusätzliche Baustelle verlangsamt die Züge. Die Krediterhöhung der KVF-S um 100 Millionen Franken, damit sich der Fahrplan in der Westschweiz nicht verschlechtert, ist deshalb zu begrüßen.

Daß es überhaupt so weit kommen mußte, ist allerdings eine Bankrotterklärung für die bisherige Strategie der isolierten, regionalpolitischen Schritte ohne weitsichtiges Gesamtkonzept.

Das Risiko einer Wiederholung von Fehlplanungen wie in den Bahnhöfen Lausanne und Genf muss unbedingt reduziert werden. Dort mußten die Planungen nach 13 Jahren von Grund auf neu beginnen, weil die geplanten Umbauten den betrieblichen Anforderungen nicht mehr genügten.

Mit einem langfristigen, gesamtschweizerischen oder internationalen Konzept hätte man zu Beginn weg gewußt, welches die Anforderungen sind, und die Planung von Tiefbahnhöfen hätten auf einer besseren Grundlage beginnen können. Dasselbe gilt für die unterirdische Infrastruktur, die in Basel, Luzern und im Tessin benötigt wird.

Es gibt aber keine Antwort auf entscheidende Fragen:

In welchen Bahnhöfen befinden sich die zukünftigen Bahnknoten?

Welche Anschlüsse sind erforderlich, welche nicht? (z.B. weil ein sehr dichter Takt besteht)

Welche Fahrzeiten (i.e. Geschwindigkeiten) zwischen den Knotenbahnhöfen sind erforderlich, dass die Anschlüsse klappen?

Wie viele Gleise ergeben sich daraus in den Knotenbahnhöfen?

Welche Kapazitäten brauchen die einzelnen Zulaufstrecken zu den Knotenbahnhöfen (S-Bahn und Regionalbahn)?

Wie kann auf langfristige Veränderungen reagiert werden? (Aufwärtskompatibilität)

Zu guter letzt: Was sind die Bedürfnisse des Güterverkehrs?

Kein Abbau im Angebotskonzept 2035: Braucht es ein Projekt oder brauchen wir es nicht?
In erster Priorität ist so schnell als möglich ein Fahrplankonzept zu erstellen, welches aufzeigt, wie die schweizweiten Abbaumassnahmen im revidierten Angebotskonzept 2035 vermieden werden können.

Die dazu nötigen Investitionen sind prioritär zu behandeln.

Es gäbe Möglichkeiten, die Kapazität der bestehenden Netze substantiell und sehr rasch zu erhöhen: intelligente, neugedachte Fahrpläne, statt stetiges Flicken am bestehenden; mehr intelligente Gleislayouts, welche Konflikte vermeiden und schnellere Ein- und Ausfahrten ermöglichen; Zugsteuerungssysteme, welche die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen.

Auch geeignete Fahrzeuge auf der richtigen Linie können zur richtigen Optimierung der Nutzung der vorhandenen Infrastruktur beitragen.

Option Meilibach offenhalten

Der Vorschlag der KVF-S auf die Vorarbeiten des Anschlusses Meilibach zu verzichten, wirft Fragen auf, denn was die Auswirkungen auf einen zukünftigen Fahrplan sind, weiß niemand.

Vielleicht braucht es den Anschluß Meilibach für Bahn 2050 wirklich nicht? Oder vielleicht doch?

Was, wenn der Verzicht eine genügend leistungsfähige Bahn zwischen Zürich und Sargans/Chur/Österreich verhindert?

Respektive wenn ein nachträglich fehlerhafter Verzicht für teures Geld nachgeholt werden muss? In der Botschaft des Bundesrates, auf die sich die Kommission abstützt, steht dazu nichts.

SwissRailvolution erinnert an die hohen Kosten von einer Milliarde Franken, die der Verzicht auf die Fertigstellung des Zimmerberg-Basistunnels bis Baar-Litti im Jahr 2002 verursacht hat, oder an den damaligen Verzicht auf den sofortigen Doppelspurausbau des Lötschberg-Basistunnels, dessen Vollbau heute ebenfalls eine Milliarde Franken Mehrkosten verursacht. SwissRailvolution empfiehlt deshalb dem Parlament, die Option Meilibach offen zu halten.

Fahrplankonzept 2050 als nächster Schritt

Es ist ein langfristiges gesamtschweizerisches Fahrplankonzept wie bei Bahn 2000 zu erstellen, welches als Grundlage für die weitere Ausbauten dient – auch von Bahn 2050 – und die Schweiz im europäischen Netz einbindet. Dies ist die Rückkehr zu früheren Erfolgen: Sowohl bei der Planung der S-Bahn Zürich als auch bei der Bahn 2000 oder der NEAT wurden zunächst bedürfnisgerechte Fahrplankonzepte entwickelt und erst danach die dafür erforderlichen Investitionen definiert.

Was insgesamt zu tun wäre, hat SwissRailvolution bereits Anfang November in einer Zusammenfassung erläutert.

SwissRailvolution – Verein für die Konzeption und Schaffung der schweizerischen Eisenbahn von morgen (gemeinnütziger Verein nach Artikel 60 ff. des Schweizerischen Zivilgesetzbuches)
Nur eine langfristige Vision – unter Einbeziehung aller bereits beschlossenen Investitionen – wird eine Erneuerung des Schweizer Schienennetzes ermöglichen, die eine starke Verankerung in Europa einschliesst.

Das Gerüst dieses neuen Netzes basiert auf dem Verkehrskreuz Schweiz, das zwei Hauptachsen in West-Ost- und Nord-Süd-Richtung, von Grenze zu Grenze, postuliert.

(pd, rm)
(Archivbild Matterhorn-Gotthard-Bahn am Bahnhof Brig)

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