Neues VBS-Kompetenzzentrum Weltraum: Schweizer Armee stärkt ihre Fähigkeiten im AllBewerbung als Weltraum-Spezialist mit anschließender 38-Wochen-Ausbildung
Milliarden bereits anbezahlt, keine Lieferung und wenn sie sie doch noch eines Tages erfolgt, wären sie wohl unbrauhbar: Die Schweiz hat nicht-gelieferte Patriot-Luftabwehr-Systeme, über die die Ukraine klagt, sie seien zunehmend nutzlos. Und die Schweiz hat so gut wie null Drohnenkompetenz, aber – ebenfalls nicht gelieferte – F35. Wer noch auf diese setze, so Elon Musk sei ein Idiot.
Nun expandiert das VBS in den Weltraum.
„Die Schweizer Armee hebt ab“, so das VBS: Ab 2026 stärke sie „ihre Fähigkeiten im Weltraum“ und eröffne ein Kompetenzzentrum. Ziel sei: bessere Aufklärung, Kommunikation und Schutz aus dem All, so das VBS.
Angesichts weltweit zunehmender Spannungen und Konflikte gewinnt der Weltraum an sicherheitspolitischer Bedeutung.
Das zeige auch ein sich intensivierender Wettlauf in der Aufrüstung des Weltraums zur kommerziellen und militärischen Nutzung, so das VBS.
Heutzutage seien militärische Einsätze ohne Einbindung des Weltraums unmöglich, da dieser mittlerweile ein essenzieller Bestandteil der modernen Konfliktführung ist und bereits im Alltag eine Vielzahl von Leistungen zur Verfügung stellt.
Im Einklang mit Bundespolitik und Grundlagenberichten
Ausgehend vom Zielbild und der Strategie der Armee der Zukunft namens «Die Verteidigungsfähigkeit stärken», dem sicherheitspolitischen Bericht 2021 und dem Zusatzbericht von 2022, hat die Schweizer Armee eine Gesamtkonzeption Weltraum erarbeitet (siehe Anhang).
Diese stehe im Einklang mit der Weltraumpolitik 2023 des Bundesrats und soll analog den bereits bestehenden Grundlagenberichten «Luftverteidigung der Zukunft» (2017), «Zukunft der Bodentruppen» (2019) sowie «Gesamtkonzeption Cyber» (2022) dem Fähigkeitsaufbau dienen.
Die angestrebten Armee-Fähigkeiten im Weltraum
Die Gesamtkonzeption Weltraum konkretisiert und beschreibt das angestrebte Leistungsniveau einzelner Teilfähigkeiten und definiert die Grundlagen der Doktrin für den Umgang mit Fähigkeiten im Bereich Weltraum. Sie zeigt auf, wie das angestrebte Fähigkeitsniveau erreicht werden soll.
Die angestrebten Fähigkeiten im Weltraum lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Lagebild Wissen, was im Weltraum passiert und passieren könnte, wann und wie effektiv die Armee aus dem Weltraum beobachtet und abgehört werden kann.
Erdbeobachtung Erkundung, Aufklärung und Überwachung aus dem Weltraum sowie erkennen von Lageveränderungen und zeitnahe Information der eigenen Truppe.
Telekommunikation Ergänzende, redundante und widerstandsfähige Kommunikation sowie dezentrale, hochsichere und dauerhafte Verbindung der eigenen Truppen.
Präzisionsnavigation Kontinuierliche Überprüfung der Qualität und Quantität der Geopositionierungsdaten für die eigenen Truppen und Sicherstellung der Genauigkeit der Daten für den Einsatz militärischer Mittel.
Gegenmaßnahmen Schutz der Truppe gegen weltraumgestützte Aufklärung und eigener Systeme im Weltraum sowie Störung und Einschränkung gegnerischer weltraumgestützter Systeme.
Neues Kompetenzzentrum Weltraum
Für die Umsetzung der Gesamtkonzeption wird per 1. Januar 2026 ein Kompetenzzentrum Weltraum gebildet. Diese wird primär als Milizorganisation geführt und innerhalb der Schweizer Luftwaffe im Kommando Operationen verankert. Sie wird Konzeption, Entwicklung, Ausbildung und Anwendung der Fähigkeiten sicherstellen.
VBS-Gesamtkonzeption Weltraum
Im Dokument «Die Verteidigungsfähigkeit stärken» vom August 2023 wird erwähnt, es seien fast alle komplexen militärischen Systeme für die Positionierung, Zeitsynchronisation, Kommunikation, Aufklärung oder Wettervorhersage auf Satelliten und deren Dienste angewiesen.
Aus diesem Grunde seien bereits 2018 von den 40 operationellen Fähigkeiten, die Teil der mittel- und langfristigen Entwicklung der Armee sind, fünf dem Weltraum gewidmet und somit vollständig in das Gesamtkonzept integriert worden.
Seit wann arbeitet die Armee an dieser Entwicklung?
Die ersten Aktivitäten zur allgemeinen Berücksichtigung des Weltraums für militärische Zwecke sind 2015 eingeleitet und eine erste Struktur – vor allem für die Miliz – 2017 geschaffen worden.
2020 ist ein detailliertes Grundlagendokument erarbeitet worden, das zu einer ersten Forschungs- und Entwicklungsphase geführt hat, die Studien, Demonstratoren und Prototypen als Entscheidungsgrundlage umfaßt.
Parallel dazu ist mit der Rekrutierung und Ausbildung von Fachpersonal begonnen worden, um die Grundlage für erste operationelle Aktivitäten zu schaffen.
Entwickelt die Schweizer Armee ausschließlich militärische Fähigkeiten im All?
Nein, die Projekte der Armee haben in erster Linie eine duale Dimension, weil sie sowohl militärisch als auch zivil genutzt werden können. Die meisten für militärische Operationen erforderlichen Produkte und Dienstleistungen bieten auch nützliche Unterstützung für zivile Organisationen des Landes auf Bundes-, Kantons- und Gemeindeebene.
Sie können auch für wirtschaftliche und akademische Aktivitäten eine wichtige Rolle spielen, was ein grosses Potenzial für die Zusammenarbeit sowohl im öffentlichen als auch im privaten Bereich schafft.
Mit welcher Methode entwickelt die Armee diese Fähigkeiten?
Der seit 2020 verfolgte Ansatz konzentriert sich auf nationale Partnerschaften, das bedeutet: auf die Nutzung der in der Schweiz an Hochschulen und in der Industrie vorhandenen Kompetenzen und Fähigkeiten. Dabei bleibt die für die Verteidigungsaufgabe des Landes erforderliche Souveränität gewährleistet.
Dieser Ansatz ist durch die Förderung eines Ökosystems konkretisiert worden, das Kompetenzen im Weltraum mit Sicherheitsanforderungen verbindet. Es hat auch zur Lancierung von Projekten geführt, die den Erwartungen der Armee entsprechen und zudem vielversprechende Perspektiven für Wirtschaft und Wissenschaft bieten.
Anbindung an die EU bzw. ESA
Sie spiel eine wichtige Rolle, „da heutzutage keine Nation über ausreichende Fähigkeiten im Weltraum verfügt“, so das VBS.
Somit geht die Schweiz nicht allein diesen Schritt, sondern ein großer Teil der Schweizer Gelder fließt in ausländische Projekte.
Oder wie es das VBS schreibt: „Deshalb haben die Bündelung von Fähigkeiten und der Austausch von Dienstleistungen in den letzten Jahren sowohl bilateral als auch multilateral stark zugenommen.“
Die Schweizer Armee beabsichtige „eng mit mehreren Nationen und internationalen Organisationen zusammenzuarbeiten, um die Entwicklung ihrer Fähigkeiten zu beschleunigen.“
Insbesondere sei die Zusammenarbeit mit der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) über die Abteilung Raumfahrt des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) zu nennen, die zu den Projekten gehört, die die Schweiz an der nächsten ESA-Ministerratskonferenz im November 2025 vorlegen wird.
Das am 1. April 2025 gegründete Kompetenzzentrum Weltraum
Kompetenzzentren sind eine strukturelle Lösung, die von der Armee seit über 20 Jahren angewendet wird und sich bewährt hat, um die spezifischen Aspekte einer militärischen Funktion oder Mission unter einem Dach zu vereinen, so das VBS.
Das am 1. April 2025 gegründete Kompetenzzentrum Weltraum mit seinem professionellen Kern im Rahmen der Luftwaffe, das am 1. Januar 2026 offiziell in die Strukturen der Armee eingeführt wird, folgt einer ähnlichen Logik.
Es wird für die Konzeption, Entwicklung, Ausbildung und den Einsatz der operationellen Fähigkeiten der Armee im Weltraumbereich verantwortlich sein.
Welche Ressourcen sind für dieses Kompetenzzentrum Weltraum vorgesehen?
Was das Personal betrifft, so wird das Kompetenzzentrum Weltraum am 1. Januar 2026 über einen theoretischen Bestand von 222 Milizkader und -spezialisten verfügen, der daher aufgefüllt werden muß: Dank der Vorbereitungsarbeiten der letzten zehn Jahre sind derzeit bereits etwa zwei Drittel des Bestandes verfügbar.
Ein kleiner professioneller Kern sorgt permanent für die Führung des Milizpersonals und die Erfüllung der anspruchsvollsten Aufgaben.
850 Millionen Franken
Was die Finanzen betrifft, so wurde im Rahmen des ordentlichen Budgets der Armee ein Kostendach von 850 Millionen Franken über 12 Jahre festgelegt, das sowohl die Investitions- als auch die Betriebskosten abdeckt.
Die Entwicklungsbudgets ist 2024 vom Parlament im Rahmen der Armeebotschaft genehmigt worden. Das erste Beschaffungsbudget sollte Teil des Rüstungsprogramms der Armeebotschaft 2026 sein.
In 38 Wochen Weltraum-Spezialist: Jetzt kann man sich bewerben
Es sei nun „jedem jungen Mann und jeder jungen Frau möglich, sich als Weltraumspezialist zu bewerben“ so das VBS.
Das neue Dienstmodell entspreche dem der Cyberspezialisten und umfasss eine 38-wöchige Ausbildung, gefolgt von jährlichen Wiederholungskursen. Die Armee sucht nach bestimmten Profilen, daher findet in den ersten Wochen der Rekrutenschule eine Auswahl statt, die in Payerne zentralisiert ist. Man kann sich bereits bei der Rekrutierung als Kandidat melden, um die Rekrutenschule in Payerne zu beginnen.
Aber es ist auch möglich, sich von jeder anderen Rekrutenschule aus zu bewerben.
Die Auswahl erstrecke sich dann über etwa 12 Wochen. Nach der 38-wöchige Ausbildung werden die Spezialisten in eine der drei Kompanien des Kompetenzzentrums Weltraum eingegliedert.
Welche Rolle spielen diese rekrutierten und ausgewählten Weltraum-Spezialisten?
Die Weltraumspezialisten und ihre Kader übernehmen Aufgaben in zwei Bereichen. Zum einen in der Softwareentwicklung, weil die Armee seit Jahren eigene Instrumente zur Überwachung der Lage im Weltraum entwickelt. Zum andern in der Steuerung von Boden- und Weltraumsystemen, weil die autonome Nutzung der operationellen Fähigkeiten den unabhängigen Betrieb eigener Satelliten und Bodenstationen voraussetzt.
Diese Funktionen erfordern eine hochwertige Ausbildung, die ständig an die Erkenntnisse und Bedürfnisse angepaßt wird.
Wann kann die Armee konkrete Leistungen erbringen?
Die Armee hat seit mehreren Jahren sehr ausgefeilte Fähigkeiten im Bereich der Lageverfolgung entwickelt, die es ihr ermöglichen, konkrete Leistungen für den Eigenschutz der militärischen Verbände zu erbringen, insbesondere im Hinblick auf den Überflug von Satelliten und damit die Gefahr, aus dem Weltraum beobachtet oder abgehört zu werden.
Was die anderen angestrebten operationellen Fähigkeiten betrifft, insbesondere bei der Erdbeobachtung und der Telekommunikation, muss die politische Genehmigung der notwendigen Investitionen für die Anschaffung von Systemen, die sich derzeit in der Entwicklung befinden, abgewartet werden. Konkrete Leistungen sind daher in diesem Bereich ab 2027 bis 2028 zu erwarten.
(pd, rm)
(Foto: VBS/DDPS)


