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Ökonomie des Tierschutzes

Ökonomie des Tierschutzes

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Ein Kommentar von Thomas Baumann

An einem heissen Sommertag letztes Jahr wollte Ihr Kolumnist ein wenig Luft schnappen in dem kleinen Park gleich hinter dem Bahnhof Sierre, der den passenden Namen ‚Petit Bois‘ trägt. Als er frohgemut hinanstieg und an einem mächtigen Baumstamm vorbeikam, der wie eine Säule den Weg ins Innere des Park bewachte, schreckte er plötzlich auf und sprang gleich zwei Meter rückwärts: An dem Baumstamm zog sich eine riesige Schlange hoch. Nun, riesig ist vielleicht etwas übertrieben, denn eine Python war es nicht gerade. Aber es war ein schönes, voll ausgewachsenes Exemplar einer Äskulapnatter. Nachdem sich ihr Kolumnist, der gerade seinen Gedanken nachhing, wieder bewusst wurde, dass er sich ja in der sicheren Schweiz und nicht irgendwo im Dschungel aufhielt, konnte er den Anblick dieses schönen Tieres geniessen.

Lokale versus globale Gefährdung

Die Äskulapnatter ist auf der roten Liste gefährdeter Tierarten in der Schweiz: Sie ist somit stark gefährdet. Aufgrund ihres grossen Verbreitungsgebiets ist die Äskulapnatter als Art hingegen nicht vom Aussterben bedroht.

Ganz ähnlich verhält es sich auch mit dem Uhu, zoologischer Name: Bubo bubo. Gemäss einem Postulat, dass in dieser Session behandelt wird, gibt es im Wallis weniger als 10 Paare. Deswegen fordern die beiden CVP-Vertreter Mathieu Gachnang und Yannick Ruppen den Kanton Wallis auf, „proaktiv zu handeln, indem er den Ersatz der als gefährlich eingestuften [Strom-]Masten [auf dem SBB-Schienennetz] nicht erst nach einem Stromschlag anordnet und abwartet, bis die Vogelpopulation dezimiert ist.“

Der Bubo Bubo ist gar noch weiter verbreitet als die Äskulapnatter: Sein Verbreitungsgebiet umfasst mehr als die Hälfte der eurasischen Landmasse. Entsprechend ist diese Art auf der Roten Liste der IUCN als ’nicht gefährdet‘ taxiert.

Ökonomisch nicht effizient

Auch wenn der Anblick einer Äskulapnatter oder eines Uhus subjektiv ein schönes Erlebnis ist: Ökonomisch ist es nicht optimal, hier im Wallis viel Geld auszugeben, um eine Tierart zu schützen, die weltweit überhaupt nicht gefährdet ist. Geld sollte dort eingesetzt werden, wo eine Tierart tatsächlich vom Aussterben bedroht ist. Anstatt für teures Geld SBB-Strommasten auszuwechseln, sollte das Geld lieber dort investiert werden, wo es einen grösseren Nutzen hat.

Damit stellt sich unweigerlich die Frage nach dem Wolf. Auch dieser ist als Art nicht gefährdet. Und auch hier geht es letztlich um den zweckmässigen Umgang mit finanziellen Mitteln: Muss der Wolf tatsächlich dort leben, wo die Kosten dafür ziemlich hoch sind? Oder gäbe es für diese Art vielleicht einen ‚billigeren‘ Lebensraum, wo er weniger Schäden verursacht?

Allerdings unterscheiden sich Wolf und Bubo bubo in einem wesentlichen Aspekt: Niemand macht aktiv Jagd auf den Bubo bubo – dieser fliegt ganz von selbst in Strommasten und -Leitungen. Um ihn zu schützen, muss man also aktiv Geld ausgeben. Anders beim Wolf: Er benötigt keine finanziellen Mittel, um hierzulande zu prosperieren. Verfolgt man das Ziel, die Kosten des Wolfs zu reduzieren, ist seine Regulierung ebenfalls nicht der einzige Weg: Man könnte stattdessen auch auf die Schafzucht verzichten. Denn (frei nach dem Wirtschaftsnobelpreisträger Ronald Coase): Ohne Wölfe gäbe es keine Schafrisse – ohne Schafe aber auch nicht.

Tatsächlich gehen immer mehr Schafzüchter diesen Weg und geben wegen dem Wolf ihre Herden auf. Nicht zu vergessen ist bei der Kosten-Nutzen-Abwägung überdies, dass der Wolf durch die Regulierung des Wildbestands auch den Wildverbiss reduziert und dadurch einen ökonomischen Mehrwert stiftet.

SW
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