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Schwerpunkt Mai-Session des Grossen Rats

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Ein Gastbeitrag von Olivier Ostrini

In einem Postulat haben wir den Staatsrat aufgefordert, eine Bestandsaufnahme der Situation in Sachen „Konversionstherapien“ im Kanton Wallis vorzunehmen. „Konversionstherapie“ bedeutet jede Therapie, die darauf abzielt, die sexuelle und/oder emotionale Orientierung einer Person zu behandeln. Nach dieser Evaluation wird der Staatsrat gebeten, gegebenenfalls eine Gesetzesänderung vorzunehmen, um diese Art von Praxis auf dem Kantonsgebiet zu verbieten.

Die Antwort des Staatsrates ist insofern recht zufriedenstellend, da sie ein Bewusstsein für die Rolle des Kantons bei der Prävention und Kontrolle dieser Art von Praktiken zeigt. In der Tat erinnerte der Bund bereits 2016 daran, dass es die Pflicht der Kantone sei, die Praxis ihrer Therapeutinnen und Therapeuten zu kontrollieren.

Dennoch erscheinen die Ergebnisse einer ersten Bestandesaufnahme in der Antwort des Staatsrats reichlich begrenzt. Obwohl der öffentliche Gesundheitsdienst drei Stellen im Zusammenhang mit der Prävention und Förderung der sexuellen Gesundheit in diesem Bereich befragt hat, glauben wir, dass diese erste Befragung nicht ausreicht.

Konversionstherapien finden im privaten Rahmen statt

Wie wir wissen, finden solche Praktiken meist in einem privaten Rahmen statt und erfordern daher, dass das Opfer vor diesen Institutionen (den vom Staatsrat befragten drei Stellen, Anm. der Red.) aussagt. Doch trotz einiger öffentlichen Aussagen in den Medien und einiger privaten Geständnisse bei Verbänden wie Alpagai oder QueerWallis haben die Opfer nicht die Mittel, um frei auszusagen. Sie laufen Gefahr, familiäre und/oder gesellschaftliche Bindungen zu verlieren.

In seiner Antwort ist sich der Staatsrat jedoch auch der Unmöglichkeit bewusst, Konversionspraktiken zu identifizieren, da diese meist in einem privaten Rahmen außerhalb normativer und überwachter Praktiken stattfinden.

Wir freuen uns daher über dieses Bewusstsein und unterstützen den vom Staatsrat vorgeschlagenen Ansatz, eine gründliche Bestandsaufnahme durchzuführen, um Informations- und Präventionsmaßnahmen zu entwickeln und möglicherweise das Gesetz zu ändern. Diese Untersuchung des Kantons Wallis ist ein starkes Signal für die Opfer der Konversionstherapie und wir hoffen, dass sie zu einer aktiveren Prävention führen kann.

Vergessen wir nicht, dass Konversionstherapien die Identität und Persönlichkeit des Individuums in Frage stellen. Daher können sie mit Folterhandlungen verglichen werden. Wir hoffen deshalb, dass das Wallis ein Kanton ist, in dem alle Bürgerinnen und Bürger unbeschwert leben können.


Olivier Ostrini ist Grossrats-Suppleant des PS/GC. Zusammen mit Alexandre Luy (FDP/PLR), Elodie Praz (Grüne) und Françoise Métrailler (Die Mitte) hat er das Postulat 2021.09.285 eingereicht, welches am 10. Mai im Grossen Rat behandelt wird.
Das Postulat im Wortlaut finden Sie hier: https://parlement.vs.ch/app/de/search/document/171518
Die Antwort des Staatsrats finden Sie hier: https://parlement.vs.ch/app/de/search/document/177106


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