PFAS im Skiwachs: Ewigkeitschemikalien in SkiwachsVielzahl von Krankheiten, auch Krebs
Gelangen die Ewigkeitschemikalien PFAS in die Umwelt, so verbleiben sie über Generationen dort und schaden Mensch und Natur.
Trotz zunehmender Verbote sind noch immer viele PFAS im Umlauf – auch auf Schweizer Pisten und Loipen, wo die Giftstoffe durch Abrieb aus Skiwachs in die Natur gelangen.
Empa-Forscher konnten im Zusammenhang mit einer Maturaarbeit erhöhte PFAS-Konzentrationen in Schneeproben aus dem Engadin nachweisen – und mahnen Langläufer zur Vorsicht.
Obwohl der Internationale Skiverband FIS fluorhaltige Skiwachse bei Skirennen verbietet, kommen sie immer noch zum Einsatz.
PFAS in Skiwachs überflüssig
Viele dieser sogenannten „Ewigkeitschemikalien“ (siehe Kasten) schaden der Gesundheit und der Umwelt.
Da sie potentiell über Jahrhunderte in der Umgebung verbleiben und sich in Menschen und Tieren anreichern können, gilt es nun, ihre Verwendung so weit wie möglich einzuschränken.
Eine Herausforderung, denn PFAS finden breite Verwendung in zahlreichen Alltagsgegenständen und in industriellen Prozessen.
Obwohl die Industrie der größte PFAS-Emittent ist, stehen auch Verbraucher in der Pflicht. Denn nicht überall, wo PFAS eingesetzt werden, ist ihre Verwendung wirklich notwendig. Ein Beispiel, das für die Schweiz besonders relevant ist, ist ihre Verwendung in bestimmten Skiwachsen.
Der Internationale Skiverband FIS hat bereits gehandelt: Seit der Saison 2023/2024 sind fluorhaltige Skiwachse bei sämtlichen FIS-Rennen verboten; ihre Verwendung führt zur Disqualifikation. Dies gilt auch an Schweizer Veranstaltungen, etwa am Engadin-Skimarathon. Zudem haben Skiwachs-Hersteller reagiert und ihr Sortiment auf fluorfreie Produkte umgestellt.
Komplett PFAS-frei sind die Schweizer Pisten und Loipen indes noch lange nicht.
Das haben Forscher des „Analytical Center“ der Empa bei einer Stichprobe am Engadin-Skimarathon im März 2025 festgestellt. Wenige Stunden nach dem Start der Läufer entnahmen sie Schneeproben aus den verschiedenen Fahrspuren direkt nach der Startlinie sowie weitere Proben rund zwei Kilometer nach dem Start und eine Nullprobe fernab der Loipe.
Kurze Wege in den See
„Wir haben relativ hohe Werte für die typischen PFAS aus Skiwachs gemessen“, sagt Markus Zennegg, Leiter des „Analytical Center“. „Das sind insbesondere die perfluorierten Carbonsäuren mit einer geradzahligen Kettenlänge von 6 bis 14 Kohlenstoffatomen.“ Am höchsten waren die Konzentrationen an der Startlinie, wo die Läufer mit frisch gewachsten Ski starteten.
Nach zwei Kilometern blieben schon deutlich weniger PFAS im Schnee zurück, da die Ski ihre fluorhaltige Wachsbeschichtung durch den Abrieb rasch verlieren. Dennoch waren die Konzentrationen auch dort meßbar erhöht.
„Direkt über dem Silsersee ist das bedenklich“, sagt Empa-Forscher Stefan Reimann aus dem Labor „Luftfremdstoffe / Umwelttechnik“, der die Schneeproben gesammelt hat. Denn: Mit der Schneeschmelze im Frühling gelangen die Ewigkeitschemikalien direkt ins Gewässer und können sich dort in Wasserorganismen und Fischen anreichern.
Die fluorhaltigen Substanzen im Skiwachs sollen die Gleiteigenschaften des Skis verbessern und ambitionierte Langläufer so schneller ans Ziel bringen. Die Unterschiede zu modernen fluorfreien Wachsen sind mittlerweile jedoch gering.
„Die Skier der zehn schnellsten Profiläufer am Engadiner Skimarathon wurden alle getestet, und es wurden keine PFAS gefunden“, so Reimann. „Offenbar kann man also auch ohne Fluor schnell sein.“
Verantwortung gefragt
Die Forscher vermuten, daß ein Großteil der PFAS im Schnee nicht auf böse Absichten der Skifahrer zurückgeht, sondern auf die noch nicht ausreichende Sensibilisierung bei den Hobby-Langläufern.
Dafür spricht auch, daß die erhöhten PFAS-Konzentrationen nicht nur in den einzig dem Marathon vorbehaltenen Spuren gemessen wurden, sondern auch in dem Bereich, in dem die normale Langlaufloipe verläuft.
„Ein Wachsblock kann für mehrere Jahre reichen“, sagt Zennegg. „Und praktisch alle älteren Skiwachse enthalten PFAS.“
Er empfiehlt, alten Skiwachs durch fluorfreie Varianten zu ersetzen, die im Handel erhältlich und entsprechend gekennzeichnet sind. „Es macht einfach keinen Sinn, derart stabile Stoffe für ein paar Minuten Vorsprung in die Umwelt gelangen zu lassen“, ergänzt Reimann.
Die Forscher haben nun auch Bodenproben an den gleichen Orten entnommen. Auch sie zeigen eine deutliche Belastung mit den Ewigkeitschemikalien. „Bei solchen Konzentrationen besteht bereits die Gefahr, daß sich die PFAS im Fleisch der dort weidenden Rinder anreichern und zu einer Überschreitung der erlaubten Grenzwerte führen“, so Zennegg.
Weitere PFAS-Studien sind in Arbeit: Die Forscher am „Analytical Center“ haben über die vergangenen Monate Analytikkapazitäten aufgebaut, um rund 30 der häufigsten PFAS in verschiedenen Material- und Umweltproben, etwa aus Recycling-Prozessen, bestimmen zu können.
PFAS, die Ewigkeitschemikalien
Die Stoffklasse der PFAS umfaßt Tausende von chemischen Verbindungen. Gemeinsam ist ihnen zweierlei: Sie enthalten Fluor-Kohlenstoff-Bindungen, und sie sind außerordentlich stabil, so daß sie sich in der Umwelt kaum zersetzen. Die gesundheitlichen Auswirkungen von PFAS sind noch nicht vollständig verstanden, aber sie werden mit einer Vielzahl von Krankheitsbildern in Verbindung gebracht, von Organschäden bis hin zu Krebs.
(pd, rm)

