
Politik-Apéro des Netzwerks Oberwalliser Berggemeinden in Saas-Fee: Kann Geschäftsführer-Modell Oberwalliser Gemeinden entlasten?
Am Donnerstagabend hat in Saas-Fee das diesjährige Politik-Apéro des Netzwerks Oberwalliser Berggemeinden (NOB) stattgefunden.
Bei der Veranstaltung standen Ideen und Strategien zur Diskussion, die effizientere Gemeindeverwaltung ermöglichen sollen.
Angesichts der steigenden Anforderungen sind neue Ansätze gefragt.
Die Herausforderungen in den Gemeindebehörden sind vielfältig. «Es lässt sich eine steigende Komplexität bei den Dossiers feststellen. Gleichzeitig nehmen auch die Ansprüche der Bevölkerung zu», erklärte Sebastian Arnold, Gemeindepräsident von Simplon und Vorsitzender des NOB-Ausschusses.
Von den Gemeinden wird zusehends ein schnellerer und professioneller Bürgerdienst erwartet.
Gerade in den Berggemeinden mit ihren begrenzten Ressourcen führe dies allerdings auch dazu, daß die Exekutive oft stark ins operative Alltagsgeschäft eingebunden sei. «Je mehr die Ratsmitglieder übernehmen müssen, umso größer ist ihr zeitlicher Aufwand. Das macht die Arbeit im Gemeinderat nicht unbedingt attraktiver und verschärft das Rekrutierungsproblem weiter.»
Zwei konkrete Beispiele aus der Deutschschweiz
Am diesjährigen Politik-Apéro des NOB in Saas-Fee, an dem rund 35 Vertreterinnen und Vertreter aus den Oberwalliser Berggemeinden teilnahmen, stand die Problematik dieser Ausgangslage im Fokus.
Unter dem Titel «Das CEO-Modell als Beispiel für eine moderne Verwaltung?» ging es bei der Veranstaltung darum, neue Organisationsformen innerhalb der Verwaltung zu beleuchten, insbesondere durch die Einführung des Geschäftsführer-Modells.
Bei diesem wird die Gemeindeverwaltung durch eine geschäftsführende Person operativ und personell geführt.
Der Gemeinderat seinerseits konzentriert vorwiegend auf strategische und politische Themen. Dieses Modell konnte anhand von konkreten Beispielen aufgezeigt werden: Zwei Gäste aus der Deutschschweiz brachten ihre Erfahrungen in Form von Referaten ein.
So berichtete Martina Winiger, Geschäftsführerin der Gemeinde Wikon (LU), über die Situation in ihrer Region. In Luzern sind aktuell 17 Gemeinden nach dem Geschäftsführer-Modell organisiert. «Das CEO-Modell hat sich gut etabliert, auch in vergleichbar kleinen Gemeinden», sagte sie. Ihre Gemeinde Wikon hat den Systemwechsel im Jahr 2021 vollzogen. Laut Winiger überwiegen die Vorteile.
Sie hob unter anderem den größeren Gestaltungsfreiraum, den Effizienzgewinn, die kurzen Entscheidungswege, den geringeren Wissens-Verlust bei Wechseln im Gemeinderat und positive Rückmeldungen aus der Bevölkerung hervor.
Eine weitere Perspektive brachte Adrian Ammann, Gemeindepräsident von Känerkinden (BL) ein. Auch seine Gemeinde hat das Geschäftsführer-Modell eingeführt. Er zog ebenfalls ein positives Fazit und sprach von einer spürbaren Entlastung innerhalb des Gemeinderats.
Attraktivität der Gemeindeverwaltungen steigern
Im Anschluß an die beiden Präsentationen wurde das Thema bei einem Podiumsgespräch eingehender diskutiert.
Die Moderation übernahm Philipp Loretan, Gemeindepräsident von Guttet-Feschel.
Am Podium brachten neben den beiden Referenten auch Bernd Kalbermatten, Gemeindeschreiber von Saas-Fee, und Gerhard Kiechler, Gemeindepräsident von Goms, ihre Sichtweisen ein.
Die Diskussionen zeigten auf, daß gerade im kleinstrukturierten Oberwallis, mit seinen nach wie vor 63 Gemeinden, aufgrund steigender Anforderungen und begrenzter Ressourcen über Neuausrichtungen in den Verwaltungen nachgedacht werden sollte.
Die Teilnehmenr hoben hervor, daß die vorrangige Zielsetzung der Gemeinden in einer kompetenten Aufgabenerfüllung für die Bürgerinnen und Bürger bestehen müsse.
Mit der Einführung des Geschäftsführer-Modells könnte hierbei durchaus ein wichtiger Schritt gemacht werden.
Ein Schritt, der auch helfen könnte, die Attraktivität des Gemeindeschreiberamts und des Gemeinderatsamts zu steigern.
Hinweis
Der Verband MÖVO (Mitglieder öffentliche Verwaltung Oberwallis) und der Verein Region Oberwallis planen am 5. Juni 2024 gemeinsam mit den Gemeinden im Oberwallis ein Atelier zur interkommunalen Zusammenarbeit (IKZ).
Ziel ist es, die aktuellen Herausforderungen kleinteiliger Gemeindestrukturen für Verwaltungen zu analysieren, neue Ansätze für die Gestaltung der IKZ zu entwickeln und gegebenenfalls neue Kooperationen anzuregen. Eine Anmeldemöglichkeit für Gemeinden folgt demnächst.
Das ist das NOB
Die Rahmenbedingungen in den Berggebieten haben sich verschlechtert. Themen wie Abwanderung, struktureller Nachholbedarf im Tourismus oder Abbau beim Service Public stellen die Oberwalliser Gemeinden vor große Herausforderungen.
Mit dem Netzwerk der Oberwalliser Berggemeinden (NOB) wollen 41 Gemeinden deshalb ihre spezifischen Interessen besser vertreten und den Austausch untereinander fördern.
Das Netzwerk ist als loser Verbund organisiert. Oberstes Organ bildet die Konferenz der Mitgliedsgemeinden, während ein 7-köpfiger Ausschuß für die Strategie und die Themenbearbeitung verantwortlich ist.
Das Netzwerk der Oberwalliser Berggemeinden hat an der Konferenz 2023 den Simpiler Gemeindepräsidenten Sebastian Arnold zum Vorsitzenden gewählt. Auf administrativer Ebene wird das Netzwerk vom Regions- und Wirtschaftszentrum Oberwallis (RWO) unterstützt.
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(pd, rm)