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Samuel Burgener in voller Fahrt

Samuel Burgener in voller Fahrt

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Eine Kolumne von Thomas Baumann

Der Blattmacher des Walliser Boten, Samuel Burgener, gebärdet sich gerne als Robin Hood für die Armen und Geknechteten. Diesmal in seinem Visier: Spital Wallis und die Verantwortlichen des Spitalzentrums Oberwallis SZO. Seit Wochen fährt er eine regelrechte Kampagne gegen sie.

Vor einem Monat forderte er auf der Frontseite des Walliser Boten (dass Zeitungen einfach informieren und nicht agitieren, das war einmal): „Die Direktoren müssen sich stellen„. Stellen müssen sich sonst nur Verbrecher. Die Zweideutigkeit der Schlagzeile war kein Zufall. Ausser Samuel Burgener beherrsche sein Handwerk nicht.

„Das Führungspersonal der Wallis Gesundheitsinstitutionen blieb feige stumm“ – so meinte unserer tapferer Ritter (der keine anderen Ritter neben sich duldet) weiter. Die Frage sei erlaubt: Wieviel Mut erfordert es, aus den sicheren Redaktionsräumen seine Giftpfeile abzuschiessen? Wohl deutlich weniger, als täglich an der Front zu stehen und sich den Forderungen des Personals zu stellen. Der Vorwurf der Feigheit gebührt hier dem, der anderen Feigheit vorwirft. Im Gegensatz zum „richtigen“ Robin Hood ist er eben wirklich nur ein Maulheld.

Die Führungspersonen des SZO „müssen Stellung nehmen„. „Sie müssen der Oberwalliser Bevölkerung erklären, warum […]. Sie müssen erklären, warum...“

Eine solche Art von Monolog erinnert eher an ein fünfjähriges Kind als an einen gestanden Journalisten, der er doch sein will – inklusive Journalistenpreisen, verliehen von Berufskollegen, denen gegenseitiges Schulterklopfen bekanntlich wichtiger ist als seriöse Arbeit.

Ist das finanzielle Problem endlich geregelt – offenbar ganz alleine zwischen den Parteien und ohne dass der Walliser Bote Richter spielen musste – wird alles zu einer „Frage der Empathie„. Was das auch immer heissen soll.

Alleine mit einer Lohnerhöhung werden die Probleme im SZO nicht gelöst„, so meint unser Prediger. Die Spitalleitung des SZO sei nun „in der Pflicht. Sie muss […]. Sie muss…

Nichts Neues also bei unserem Prediger: Der Wörtchen „müssen“ bleibt allezeit hoch im Kurs. Und dann wird es so richtig psychologisch: Im „Rechtfertigungsschreiben“ der Spitalleitung fehle „etwas Zentrales: Spurenelemente von Menschlichkeit„. Dazu bleibt nur zu sagen: Und unserem Prediger fehlen Spurenelemente von Demut.

Wer sich auf diese Weise über seine Mitmenschen stellt, wer ihnen so ihre Fähigkeit oder ihren Willen zur Menschlichkeit abspricht, gemahnt an einen Ideologen, einen Fanatiker der übleren Sorte. In seinen Hetztiraden vergisst unser Prediger selbst sämtliche Mitmenschlichkeit. Und er vergisst den Grundstein sämtlicher Moral und Ethik: Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem anderen zu!

Doch weiter im Ton: Unser Prediger konstatiert „fehlenden Anstand, fehlen Respekt.“ „Es fehlen Worte der Einsicht, des Bedauerns, der Entschuldigung.

Oder mit anderen Worten: Kriecht zu Kreuze, Ihr Sünder, werft euch in den Staub!

Ungesagt – aber immer mitgemeint – bleibt: Vor mir, Samuel Burgener. Die Rolle des Predigers genügt ihm nicht mehr, er will jetzt auch noch Heilsbringer, Messias sein.

Doch der richtige Messias hat gelitten, als er ans Kreuz genagelt wurde. Wie sieht es diesbezüglich mit unserem tapferen Ritter für das Gute auf der Welt aus, wie steht es um seine eigene Leidensfähigkeit?

Ein – harmloser – Artikel zu ultraorthodoxen Juden, die in seinem Wohn- und Heimatort Ferien verbringen, hat im Dorf derart hohe Wellen ausgelöst, der er zur persona non grata erklärt wurde.

Dazu muss man wissen: Oberwalliser Dörfer sind im Allgemeinen ein Sündenpfuhl an Korruption. Hier „wäscht“ eine Hand so lange die andere, bis alle Hände schmutzig sind. Damit ist nicht „Korruption“ im engeren Sinne gemeint, also Bestechung von Amtsträgern. Es ist ein Lebensgefühl, das alle Ritzen des Lebens durchdringt: Fäulnis in der heilen Oberwalliser Bergwelt.

Aber auch damit lebt es sich ganz gut. Ganz nach der Devise: Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert. Nur die Üsserschwiizer sind ganz frustriert, weil sie in diesem Spiel immer die Verlierer sind.

Nach diesem, wie gesagt, harmlosen Artikel (die lokalen Machthaber wollten die Üsserschwiizer wohl glauben machen, dass es sich bei den Männern mit Kippa um Kardinäle handle, welche den Ort angesichts seiner Bedeutung regelmässig besuchen), wurde er doch glatt von der Teilnahme an den Volleyball- und Unihockeyspielen im örtlichen Turnverein ausgeschlossen.

Dies ist quasi die Heiligsprechung unserer Predigers, der durch dieses Leiden erst recht erhoben wird. Schnurstracks rennt er zu „Reporter ohne Grenzen“, welche umgehend einen Artikel unter dem Titel „Soziale Ächtung eines Walliser Journalisten“ veröffentlichen.

Reporter ohne Grenzen setzt sich üblicherweise für verfolgte Journalisten ein. Verfolgt heisst dabei: An Leib und Leben bedroht, inhaftiert, gefoltert, getötet. Nicht: Aus dem Turnverein ausgeschlossen.

Aber unser tapferer Prediger hat sein Ziel erreicht: Er ist in den Olymp der Verfolgten dieser Erde aufgestiegen, er ist Teil der Gerechten. Er ist jetzt ein verfolgter Journalist.

Zwar entschuldigte sich der Turnverein später in aller Form mit einem Entschuldigungsbrief. Aber unser Prediger wollte danach vom Sport im Ort nichts mehr wissen. Scheinbar ging es ihm nur um eins: Dass andere vor ihm zu Kreuze kriechen.

Denn ganz offensichtlich hat er bereits eine neue Sportart gefunden: Anstatt auf Volleybälle einzudreschen, prügelt er nun halt eben auf imaginäre Köpfe von Spital Wallis.

Dennoch habe ihn das Ganze „enorm geschmerzt“ und er finde es „absolut niederträchtig„. Man merke einmal mehr: Bei Samuel Burgener ist alles „absolut„.

Warum das alles, warum diese übersteigerte Emotionalität, dieses Leiden an der Welt gepaart mit penetranter Rechthaberei? Muss hier etwas kompensiert werden? Man spricht ja davon, dass Schreiben eine therapeutische Wirkung haben könne.

Auf jeden Fall gilt: Weniger predigen täte gut. Weniger psychologische Spielchen ebenfalls. Dafür mehr Journalismus.

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