
Scheinheilige AktivistenSanija Ameti hui, Yannick Buttet pfui!
Eine Kolumne von Thomas Baumann
Gegen die GLP-Politikerin Sanija Ameti, welche durch ein strunzdummes Ballern auf ein Heiligenbild und das noch blödere Publizieren ihrer «Leistung» auf Instagram eine Kontroverse auslöste, sei eine «Hexenjagd» im Gang, schreiben Aktivisten und gewisse Medien.
Stellvertretend dafür zwei Medienerzeugnisse: «Was Sanija Ameti erlebt, ist durchtränkt von Rassismus und Sexismus» titelte das Onlineportal «Tsüri». Ein ehemaliger Tages-Anzeiger-Journalist überschrieb seinen Artikel mit: «Hinrichtung von Sanija Ameti». Ein Wunder, schrieb er nicht gleich: «Kreuzigung von Sanija Ameti».
Die Begründung für den ganzen Aktivismus: Sanija Ameti habe ihren Fehler eingesehen und sich entschuldigt — damit solle man es bewenden lassen.
Der «Fall» Buttet
Doch was hat es mit dieser Logik auf sich? Vor eineinhalb Monaten musste Yannick Buttet seinen Rücktritt als Präsident der Walliser Tourismuskammer geben. Grund dafür war, genau: eine Hexenjagd.
Buttet hatte sich vor einigen Jahren der sexuellen Belästigung und der Nötigung schuldig gemacht, wofür er rechtskräftig verurteilt wurde. Zu seiner Verteidigung kann gesagt werden: Er ist nicht Jurist, sonst wären seine Verfehlungen noch peinlicher.
Gegen ihn ist weder ein Rayon- noch ein Kontaktverbot in Kraft, es ist ihm also nicht gerichtlich verboten, mit seinen ehemaligen Opfern in Kontakt zu treten. Der Zufall wollte es nun, dass eines seiner Opfer seine Untergebene geworden wäre, wobei es nur eine indirekte und keine direkte Zusammenarbeit gegeben hätte.
Yannick Buttet hat Fehler gemacht, hat sich dafür entschuldigt und seine Strafe verbüsst. Er hat somit mehr oder weniger das gemacht, was auch Sanija Ameti — wohl etwas weniger aufrichtig — getan hat.
Mit zwei Ellen gemessen
Wer ist nun am Karriere-Aus von Sanija Ameti schuld? Angeblich der «digitale Mob», die Veranstalter und Teilnehmer einer «Hexenjagd». Und bei Yannick Buttet?
Die Digitalzeitung Watson titelte dazu: «An Yannick Buttets Karriere-Aus ist niemand anderes schuld als er selbst».
Weiter schrieb die Watson-Journalistin: «Im Fall Yannick Buttet widmet sich die ganze Schweiz der Frage: Ist es moralisch vertretbar, dass ein verurteilter Straftäter auch noch von der Gesellschaft bestraft wird? Das ist die völlig falsche Frage. Sie kommt nur zustande, weil alle die Perspektive des Täters einnehmen. Unweigerlich wird Buttet damit zum Opfer. Zum Opfer von bösen Feministinnen, von der ‹Medienhysterie›».
Oder anders gesagt: An der Hexenjagd gegen Yannick Buttet war niemand anders schuld als — Yannick Buttet.
Im Fall von Yannick Buttet also gilt: Ist ein Täter auch ein Opfer, nämlich das Opfer einer darauf folgenden Hexenjagd, dann ist er ausschliesslich Täter.
Im Fall von Sanija Ameti gilt hingegen: Ist eine Täterin auch ein Opfer, nämlich das Opfer einer darauf folgenden Hexenjagd, dann ist sie ausschliesslich Opfer.
Scheinheilige Aktivisten, wovon es auch in den Redaktionen nicht wenige gibt, messen eben gerne mit zwei Ellen.