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SRF und ihr sonderbares Liberalismus-Verständnis

SRF und ihr sonderbares Liberalismus-Verständnis

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Eine Kolumne von Thomas Baumann

Heute publizierte SRF einen Beitrag zur Präsidentschaftswahl in Frankreich: „Wie Le Pen und Co. die liberale Gesellschaften aushöhlen“. Es handelt sich dabei um ein Interview mit dem Historiker Ralf Melzer von der Friedrich-Ebert-Stiftung, welche der deutschen SPD nahesteht.

Zuerst einmal: Grundsätzlich gibt es gute Gründe, den Status Quo nicht vorschnell über Bord zu werfen. Gesellschaften sind fragile Gebilde und evolutionäre Entwicklungen sind ceteris paribus revolutionären Entwicklungen vorzuziehen. Egal wie man zu Marine Le Pen steht: Es schadet nicht, wenn sie nochmals fünf Jahre schmoren muss, um sich weiter einzumitten.

Apropos revolutionär: Der amtierende Präsident Emmanuel Macron war zwar bereits einmal Wirtschaftsminister – trat zu den Präsidentschaftswahlen 2017 aber nicht als Kandidat einer der etablierten Parteien an. Damit sprengte er das Parteienspektrum in Frankreich – und zwar nachhaltig. Auch das ist durchaus revolutionär. Ein Beispiel: Die Kandidatin des altehrwürdigen parti socialiste erhielt diesmal im ersten Wahlgang nurmehr 3% der Stimmen.

Apropos revolutionär II: Präsident Mitterrand, der erste Präsident des Partei socialiste, also der Schwesterpartei der SPD und der schweizerischen SP, verstaatlichte nach seinem Wahlsieg 1981 umgehend Banken und Schlüsselindustrien. Dagegen ist Marine Le Pen geradezu ein Backfisch. Aber weder die SP noch unser Fernsehen haben deswegen hyperventiliert. Und noch etwas zeigt diese Episode: Nach ein paar Jahren musste Mitterrand diese wirtschaftspolitisch katastrophale Massnahme rückgängig machen. Auch Ideologen und Extremisten kommen an der Realität nicht vorbei. Das gilt ebenso für Le Pen, sofern sie denn irgendwelche Tollheiten begehen sollte. Denn auch sie will – einmal Präsidentin – natürlich wiedergewählt werden. Die Realität sorgt schneller als alles andere dafür, dass sich Politiker, einmal im Amt, einmitten.

Frankreich-„Experte“ aus Sarajewo

Unser lieber Interview-Gast von der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung, der derzeit in Sarajewo (!) das Regionalbüro der Stiftung leitet, äussert sich gegenüber SRF also zu Frankreich. Eine Person, die geographisch näher an Frankreich ist, hat SRF offenbar nicht auftreiben können.

Es sei „beunruhigend, dass Le Pen ihr bestes Ergebnis eingefahren hat“ und „eine Gefährdung unserer Demokratie und Gesellschaften.“ Beunruhigend für wen? Wohl kaum für ihre Wähler. Und ist es nicht eher eine Gefährdung der Demokratie wenn irgendwelche Experten den Wählerwillen nicht mehr als respektabel anschauen? Historiker Melzer mag das Wahlresultat de jure akzeptieren – aber eigentlich spricht er den Wählern einer Kandidatin zum vornherein die Fähigkeit ab, rational zu wählen. Auch mit einer solchen Einstellung wird die Demokratie und die Gesellschaft „ausgehöhlt“.

Und weiter: „Umfragen und empirische Studien zeigen, dass abwertende, diskriminierende Einstellungen in Europa und auf der ganzen Welt weit verbreitet sind.“ Wenn dies ein derart global verbreitetes Phänomen sind, dann fragt sich, was die Dämonisierung rechtsnationalistischer Parteien soll. Offenbar handelt es um ein Phänomen, das quasi natürlich auftritt. Und – nach Adam Riese – auch bei Migranten genauso verbreitet sein müsste, wie bei der lokal ansässigen Bevölkerung.

Und so schlussfolgert unser „Experte“ stellvertretend für SRF zu den rechtsnationalen Parteien: „Sie wollen eine autoritäre, illiberale Gesellschaft.“

Und so etwas sagt er ausgerechnet im Gebühren-finanzierten Fernsehen!

Wie zu Zeiten der „Prawda“

Liberalismus ist, wenn ich selbst entscheiden kann, wo ich mich informiere. Dass ich nicht gezwungen werde, pro Jahr für 330 Franken SRF zu „abonnieren“, um damit auf den intellektuellen Niveau von 20 Minuten „informiert“ zu werden, sondern mir mit dem Geld stattdessen etwas gehaltvollere Presse-Erzeugnisse wie die NZZ, die WoZ oder die Rote Anneliese kaufen kann.

Eine liberale Gesellschaft hält ihre Bürger für mündig und urteilsfähig. Wenn sie ihre Bürger unbedingt dazu ermuntern oder zwingen will, Medienerzeugnisse zu konsumieren, dann lässt sie ihnen wenigstens die Wahl – also statt SRF andere Presseerzeugnisse zu abonnieren. Menschen zu einem Abonnement eines bestimmten Presseerzeugnisses zu zwingen, hat mit einer freiheitlichen, liberalen Gesellschaft nichts zu tun – sondern erinnert eher an Zeiten, als es in der Sowjetunion nur die „Prawda“ gab. DAS ist illiberal!

Dass sich ausgerechnet unsere SRF-Prawda erdreistet, sich zum Verteidiger der liberalen Gesellschaft aufspielen, ist newspeak par excellence.

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