
Stilkritik: Armin Bregy, Chefredaktor Walliser Bote
Eine Kolumne von Thomas Baumann
Und da war dieser eine Satz, ganz zu Beginn: „Es gibt Songs, die einem das Leben ins Gesicht werfen.“ Ein Diamant von einem Satz.
Und weiter ging es dann so: „Nicht etwa, weil sie besonders energisch oder intensiv sind oder weil die Texte einem neue Welten eröffnen. Auch nicht, weil sie ausgeklügelt produziert oder virtuos interpretiert sind. Einfach, weil sie sind.“
Oh, ja, es gibt Menschen (und wohl auch Songs) die einem einfach so durch ihr Da-Sein einnehmen. Aber: Um diesen Effekt zu haben, muss man schon etwas sein. Wo nichts ist, da ist eben bloss – Leere.
„Lieder dieser Art lassen einen kaum mehr los. Sie nehmen einen ein Stück weit in Geiselhaft.“ Jetzt sind wir bereits langsam auf dem Niveau eines Schulaufsatzes in der Oberstufe angekommen.
„Man hört sie rauf und runter, tagein, tagaus, obwohl man weiss, dass sie so mit der Zeit ihren Zauber verlieren. Aber bis sie diesen verlieren, erlebt man schlicht schöne Momente.“ Die Sätze plätschern mit ähnlichem Charme daher wie der künstliche Wasserfall am Flughafen Changi in Singapur. Lost in Transition.
„Bei diesen Songs geht es um eine Harmonie, eine Melodie und ein Arrangement. Und vor allem um die Stimmung, die kreiert wird.“ Der Journalist versucht gerade, den Begriff „Ohrwurm“ zu umschreiben.
„Es braucht also nicht viel. Umso schwieriger wird es, solche Lieder zu schreiben. Daher ist man als Musikliebhaber immer wieder verzückt, wenn man einen solchen Song entdeckt.“ Hätte er wenigstens geschrieben: „wenn einem ein solcher Song entdeckt“. Dies wäre zwar reichlich platt gewesen, aber wenigstens nicht völlig einschläfernd.
Der Text macht den Eindruck, als wäre er etwa fünf Stunden nach dem Genuss eines Joints geschrieben worden, wenn die Wirkung des THC bereits nachlässt. Man hält sich noch für kreativ, befindet sich aber eigentlich schon im Dämmerschlaf.
Zeit, die Zeitung ins Altpapier zu werfen.
Immerhin: Hemingway für einen Satz. Und aussehen tut er ja wie der George Clooney des Oberwallis, der Chefredaktor des Walliser Bote. Auch Clooney’s Filme befinden sich qualitativ irgendwo auf Tiefseeniveau. Das passt also.
Und mit der Jugend verhält es sich wie mit den grossen weltgeschichtlichen Tatsachen, über die Marx einst sagte: „Sie ereignen sich immer zweimal – das eine Mal als Tragödie, das andere Mal als Farce.“
Oder als Musikkritik im Walliser Boten.