
„Im Oberwallis entsteht ein neues Selbstbewußtsein“
„Im Oberwallis entsteht ein neues Selbstbewußtsein“, so das Regions- und Wirtschaftszentrum Oberwallis AG (RWO AG):
Nahezu 2.000 Personen aus 62 von 63 Oberwalliser Gemeinden haben an der im August gestarteten Umfrage teilgenommen. Nun wurde sie ausgewertet und die Leiterin der RWO AG, Tamar Hosennen, interpretiert die Studie.
Die Oberwalliser sind sich darn einig, daß es der Region und den Menschen grundsätzlich gutgeht, heißt es. Und weiter: Es scheint außerdem ein weitgehender Konsens darüber zu bestehen, welche Herausforderungen im Bereich Infrastruktur und Angebote am dringendsten sind.
Was die Wertvorstellungen und das damit verbundene gesellschaftliche Miteinander betrifft, gehen die Erwartungen allerdings weit auseinander.
Die Oberwalliser Bevölkerung – unabhängig vom Wohnort – schätzt die Chancen der aktuellen Entwicklungen deutlich höher ein als die Risiken. Dennoch zeigen sich auch Spannungsfelder. Je jünger die Menschen, desto positiver ist die Beurteilung der Entwicklung sowie des gesellschaftlichen Wandels im Oberwallis.
Gebürtige Oberwalliser und Menschen, die schon sehr lange in der Region leben, sehen die aktuellen Entwicklungen kritischer als andere.
«Die Resultate der Bevölkerungsumfrage sind deutlich: Im Oberwallis prallen Welten aufeinander. Wir sehen vor allem in der Bewertung des gesellschaftlichen Wandels – nicht nur aufgrund der Herkunft, sondern vor allem aufgrund des Alters und der Wohnregion – klare Unterschiede. Die jüngeren Generationen und in weiten Teilen auch die Bevölkerung in der Agglomeration und in Zermatt will ein moderneres Wallis, mehr Offenheit und weniger Konservatismus. Viele Menschen in den Berggemeinden und ältere Generationen – auch im Tal – sehen den gesellschaftliche Wandel skeptischer», ordnet Tamar Hosennen die Umfrageresultate ein.
Wofür das Oberwallis steht
Weitgehende Einigkeit über Altersklassen und Wohnorte hinweg besteht bei den Identifikationsmerkmalen des Oberwallis.
Über 60% der Befragten nannten Natur, Familie und Heimat als die wichtigsten Merkmale. Kultur, Brauchtum und Tourismus wurde deutlich weniger oft genannt.
«Es entsteht ein neues Selbstbild in der Region. Man sieht sich nicht mehr primär als Tourismusregion und identifiziert sich auch nicht mehr mit dem Brauchtum. Die Resultate zeigen aber auch, dass die Bevölkerung das Oberwallis zurzeit noch wenig mit Industrie oder Innovation verbindet. Die Natur sowie Familie und Freunde stehen klar im Vordergrund», so Tamar Hosennen.
Wunsch nach mehr Urbanität und Moderne
Bei der Beurteilung des aktuellen Angebots sticht ein Thema deutlich hervor: Die Verfügbarkeit von Wohnraum. «In der ganzen Region wird das Thema fehlende Mietwohnungen als akut wahrgenommen. Der Wirtschaftsboom ist großflächig angekommen. Auch den Markt für Eigentumswohnungen bewerten die befragten Personen als problematisch – nicht nur, aber vor allem in Zermatt», so Tamar Hosennen.
Im Mattertal wurde jüngst erst eine Wohnbaugenossenschaft gegründet, Walliser Zeitung berichtete.
Offenbar hat Hosennen bei ihrer Studie jedoch nicht die Leute in Visp gefragt, die würden das „vor allem“ möglicherweise anders sehen. Wobei sie ja äußert, „nicht nur, aber vor allem“. Aber auch das würden wohl viele aus Visp nicht so sehen.
«Aufgrund der aktuellen Bautätigkeit in der Region können wir aber mittelfristig von einer Entspannung der Situation ausgehen. Schwieriger zu lösen wird die Sicherstellung der allgemeinen und besonders der medizinischen Grundversorgung, die laut Umfrage der Bevölkerung in den Berggemeinden grosse Sorgen bereitet», so Hosennen. Nicht gut beurteilt wurde außerdem das Langsamverkehrsnetz in der Agglomeration sowie das Gastronomieangebot außerhalb der touristischen Zentren. «Hier zeigt sich sehr deutlich, daß sich die Bevölkerung mehr Urbanität wünscht mit mehr Velowegen, einem diverseren Gastronomieangebot und – vor allem mit Blick auf die Antworten der jüngeren Generationen – einem vielseitigeren kulturellen Angebot. Spannend ist auch, daß sich die befragten Personen in der Agglomeration mehr Parks und Naherholungsgebiete wünschen. Bei der offen gestellten Frage nach Wünschen für das Oberwallis wurde außerdem sehr oft der Wunsch nach eine See geäußert», sagt Tamar Hosennen. «Der Wunsch nach mehr Urbanität und einem moderneren Oberwallis ist offensichtlich. Gleichstellung, Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie Offenheit gegenüber Zuzüger:innen gehören zu den meistgenannten Eigenschaften, die sich die Bevölkerung für das Oberwallis wünscht.»
„Klimawandel als drängendstes Problem“
Mit Blick auf die großen Herausforderungen in der Region zeigt sich ein unerwartet klares Bild. Die Bevölkerung des Oberwallis bewertet den Umgang mit dem Klimawandel als die grösße Herausforderung. Dahinter folgen der Fachkräftemangel, die Verknappung von Wohnraum und das Thema Gesundheit. «Die großen Sorgen der Bevölkerung sind damit klar benannt. Überraschenderweise scheint die Abwanderung aus der Region nicht mehr als Problem wahrgenommen zu werden. Noch vor einigen Jahren hat der Kanton Initiativen zur Verminderung der Abwanderung lanciert. Heute sieht die Welt im Oberwallis vollkommen anders aus. Auch hier zeigt sich das neue Selbstbewusstsein in der Region», so Tamar Hosennen ein.
Zukunft gemeinsam gestalten
«Im Oberwallis herrscht Aufbruchstimmung. Man möchte ein moderneres und offeneres Oberwallis. Die befragten Personen sehnen sich aber ebenso nach mehr Gemeinschaft. Das ist aus unserer Sicht ein klarer Appell an Politik, Wirtschaft und an alle öffentlichen Akteur:innen, gemeinsam und offen das Oberwallis von morgen zu gestalten», so Hosennen. Die Ergebnisse der Bevölkerungsumfrage werden nun als Basis genutzt, um weiter an einer Strategie für das Oberwallis zu arbeiten.
«Dass so viele Personen in so kurzer Zeit an der Bevölkerungsumfrage teilgenommen haben, ist ein starkes Zeichen dafür, dass die Oberwalliser Bevölkerung bei der Gestaltung der Zukunft unserer Region mitreden möchte und bereit ist, sich zu engagieren. Wir werden diesen Wunsch berücksichtigen und eine weitere Partizipation der Bevölkerung fördern,» findet Tamar Hosennen.
Die detaillierten Resultate der Bevölkerungsumfrage sind auf der Webseitewww.zukunftsbild-oberwallis.ch für alle zugänglich.
Info
Die RW Oberwallis AG (RWO AG) wurde am 10. September 2008 im Handelsregister Oberwallis als Aktiengesellschaft eingetragen. 33% der Aktien sind im Besitz des Kantons Wallis, 33% sind im Besitz des Vereins Wirtschaftsforum Oberwallis und 34% sind im Besitz des Vereins Region Oberwallis.