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Wegen 10 Franken "schamlos ausgenutzt"
„Fräulein“-ProblemeWegen 10 Franken "schamlos ausgenutzt"

„Fräulein“-Probleme

Wegen 10 Franken "schamlos ausgenutzt"
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Eine Kolumne von Thomas Baumann

Die Pendlerzeitung «20 Minuten» hat die Tendenz, sich gerne auf die Seite von allerhand scheinbar «Benachteiligten» zu schlagen. Ganz besonders gerne werden dabei Frauen als schutzbedürftige Wesen dargestellt.

So fragte die Zeitung schon mal: «Bist du in einem ‹Boy-Hotel› gelandet? Das Bad verrät es». Steht zum Beispiel kein Ganzkörperspiegel zur Verfügung, ist der Fall für das Blatt klar: Das Zimmer wurde nicht «für weibliche Gäste mitgedacht».

Natürlich ist das, im wahrsten Sinne des Wortes, zu kurz gedacht. Wenn eine Matratze im Hotel «nur» zwei Meter lang ist, handelt es sich dabei folgerichtig um ein «Girl Hotel»? Denn es sind doch hauptsächlich Männer, für deren Körpergrösse eine 2-Meter-Matratze nicht ausreichend ist. Den Fokus einmal über den Ganzkörperspiegel auszuweiten, könnte so manche voreilige These relativieren…

Noch in derselben Ausgabe, bloss einige Seiten vorher, geht es um den Lohn von «Pärchen». Da mahnt eine «Paarberaterin», eine Transparenz über den eigenen Lohn in einer Partnerschaft sei notwendig für «eine faire Verteilung».

Bett teilen, alles teilen

Bekannt ist: Männer verdienen tendenziell mehr als Frauen. Gut für die Männer, doch ungerecht ist das nicht: Selbst die nach reichlich zweifelhafter Methodik berechnete «unerklärte Lohndifferenz» macht bloss einen kleinen Teil dieses Unterschieds aus.

Doch selbstverständlich soll man, so insinuiert das Blatt, nicht nur Tisch und Bett teilen, sondern auch noch gleich den Lohn. Hüte sich, wer sich auch nur kurzfristig binden will: Es reicht nicht mehr, die Angebetete mit Blumen zu beschenken und ins Restaurant auszuführen. Nein, selbstverständlich soll man auch sein sauer verdientes Geld teilen. Natürlich ungefragt.

Und jetzt die herzzerreissende Geschichte einer jungen Frau, die zu lange (und wohl auch etwas zu heftig) gefeiert hatte. Weil sie an der falschen Haltestelle aus dem «Moonliner»-Bus ausgestiegen war, benötigte sie spätabend dringend ein Taxi.

Wobei: Ein Taxi wollte sie partout nicht, sondern lieber ein «Uber». Geiz ist bekanntlich geil.

Das galt allerdings auch für den Fahrer: Vor seiner Ankunft stellt dieser klar, dass er zehn Franken über den normalen Fahrpreise hinaus verlangen möchte. Seine Begründung: Er hätte noch einen anderen Kunden, der eine valable Alternative sei.

Nicht regelkonformes Angebot

Anstatt einfach die Buchung zu stornieren, zahlte die Frau zähneknirschend die zehn Franken. Begründung: «Ich wollte einfach nur noch ins Bett».

Klar, der Fahrer handelte nicht regelkonform, zusätzliche Bargeldforderungen sind bei Uber nicht zulässig. Aber es gibt auch keinen Rechtsanspruch auf ein Uber-Taxi. Lohnt sich die Fahrt nicht, muss kein Fahrer zusagen.

Insofern war die Zusatzforderung ein nicht ganz regelkonformes Angebot, dennoch einen «Deal» abzuschliessen. Was der Kundin dann auch recht war, weil sie offenbar in Eile war.

Die Dame hätte also gerne den Fünfer und das Weggli: Den billigsten Preis und auf dem schnellsten Weg nach Hause. Beides gab es an jenem Abend auf dem «Markt» aber nicht, sondern nur: entweder billig und warten oder teurer, dafür schneller.

Doch kaum hatte sie das nicht ganz regelkonforme «Premium»-Angebot konsumiert, wollte die Passagierin doch lieber den Billigpreis dafür — und rannte wegen der zehn Franken schnurstracks zu «20 Minuten». Dort beklagte sie sich dann wortreich: «Der Uber-Fahrer nutzte meine Not schamlos aus.»

Müdigkeit = «Notlage»

«Not» und «schamlos ausnutzen». Grosse Worte für eine kleine Sache. Die junge Frau war ungeduldig, das kommt schon mal vor. Not ist etwas anderes. Und «schamlos ausnutzen» — man könnte meinen, der Fahrer hätte sich an ihr vergangen und nicht bloss zehn Franken extra abgeknöpft.

Übrigens, kennen Sie das: Sie kommen durstig an einen Kiosk — und ein halber Liter Wasser kostet vier Franken statt, wie im Laden, fünfzig Rappen? Nennt man das etwa auch «Not schamlos ausnutzen»? Rennt irgendjemand wegen Kiosk-Preisen zur Zeitung?

Oder Zugausfall: Sie warten eine Stunde länger auf dem Perron und müssen ganz dringend mal. Nur kostetet das «Häuschen» zwei Franken. «Not schamlos ausgenutz?

Wer bei solchen Dingen kein Ausnutzen einer Notlage erkennen kann, der vermag auch bei dem kleinen unerfreulichen Erlebnis der jungen Dame kein «Ausnutzen einer Notlage» zu erkennen. Ganz dringend zu Bett gehen zu wollen, ist nun wahrlich keine «Notlage».

Doch die Welt ist bekanntlich voll mit armen «Opfern», die immer gleich Mimimi rufen — und bloss darauf warten, dass irgendein Schundblatt in das Wehklagen mit einstimmt.

(Archivbild: Uber Saas-Fee)


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