
Ukraine-Krieg: Stromkrise droht auch der Schweiz
Der seit 2014 mit völkerrechtswidrigem Genozid an einem Teil der Einwohner der Ukraine begonnene und nun durch den Eingriff von Rußland weiter eskalierte Ukraine-Krieg hat Auswirkungen vielerlei Art auf die Welt, auch auf die Schweiz.
So wurden unter anderem kurzfristigst die Unternehmen zu Zwangslagerungen von Saatgut verpflichtet und auch soll Lebensmittelverschwendung bekämpft werden.
Weiter gibt es auch Auswirkungen auf die Strombranche weil die Schweiz zum ersten mal seit ihrer jüngeren Geschichte die „immerwährende“, seit 1815 auch von den Großmächten anerkannte (Wiener Kongreß) Neutralität gebrochen hat.
Und sich auf die Seite einer Kriegspartei, Nato / gegenwärtige Ukraine-Führung, geschlagen hat indem sie – anders als etwa Indien, China und viele andere Staaten, Sanktionen und Beschlagnahmungen bzw. Sperren von Vermögen von russischen Staatsangehörigen vornimmt und die zweitschärften Sankionen aller Länder weltweit gegen Rußland gerichtet hat. Rußland stufte daraufhin die Schweiz in die Kategorie der „unfreundlichen Länder“ ein.
An seiner Sitzung vom 18. Mai 2022 hat der Bundesrat nun die Botschaft für ein dringliches Bundesgesetz über subsidiäre Finanzhilfen für Stromunternehmen an das Parlament überwiesen.
Mit diesem Rettungsschirm will er vorsorgen: Das präventive Instrument soll sicherstellen, dasß die Stromversorgung in der Schweiz auch dann funktioniert, wenn es durch weitere starke Preisaufschläge im internationalen Stromhandel zu einer Kettenreaktion in der Strombranche kommen sollte, die einen Systemkollaps zur Folge haben könnte. Systemkritische Schweizer Stromunternehmen sollen im Fall von außergewöhnlichen Marktentwicklungen beim Bund Darlehen zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen beziehen können.
Der Bundesrat will mit seinem Vorgehen, daß das Parlament rechtzeitig einbezogen und Notrecht vermieden werden kann.
Auf den europäischen Energiemärkten ist es in den vergangenen Monaten zu starken Preisaufschlägen gekommen, die sich mit dem Eingriff Rußlands in den Ukraine-Krieg verschärft haben.
Laut Bundesrat besteht Gefahr einer Strommangellage
Obwohl die Schweizer Stromunternehmen gut aufgestellt sind, kann es in dieser Situation im schlimmsten Fall zu einer unkontrollierbaren Kettenreaktion kommen, welche die Liquidität eines systemkritischen Stromkonzerns und damit auch die Schweizer Stromversorgung gefährden könnte, so der Bundesrat.
Grund dafür sind die Regeln des Strommarktes, die verlangen, daß die Stromhandelsgeschäfte mit Sicherheiten hinterlegt werden – der Bedarf an Sicherheiten nimmt mit steigenden Strompreisen vorübergehend rasch zu.
Die Folgen eines längeren Stromausfalls wären verheerend, so der Bundesrat. Armeechef Blattmann hatte schon vor Jahren davor gewarnt, daß ein Stromausfall eine der größten Gefahren für die Schweiz sei und wurde von Politikern wie Fabio Molina und auch zahlreichen Journalisten dafür lauthals verspottet. Nun spottet niemand mehr.
Mit dem Rettungsschirm für systemkritische Stromunternehmen will der Bundesrat dieses Schlimmstfall-Szenario verhindern. Die Rückmeldungen aus der Vernehmlassung zeigen, daß die Mehrheit Handlungsbedarf sieht, bei der Ausgestaltung der Vorlage aber verschiedene Änderungen möchte. In der Botschaft an das Parlament hat der Bundesrat verschiedene Kritikpunkte berücksichtigt und den Gesetzesentwurf entsprechend angepaßt.
Ausgestaltung des Rettungsschirms
– Die Finanzhilfe des Bundes erfolgt subsidiär: Die dem Rettungsschirm unterstellten Unternehmen müssen gemeinsam mit ihren Fremdkapitalgeberinnen (Banken, Obligationäre, etc.) und ihren Eigentümerinnen (Kantone, Gemeinden, Private) laufend alle notwendigen Vorkehrungen treffen, um die Liquidität des Unternehmens zu sichern.
– Der Bundesrat ist bereit, Darlehen von bis zu 10 Milliarden bereitzustellen, um systemkritischen Stromunternehmen in außerordentlichen Marktsituationen temporäre Liquiditätsunterstützung zu gewähren. Im Gegenzug für die Darlehen unterliegen die Unternehmen bestimmten Auskunftspflichten, die im Vergleich zur Vernehmlassungsvorlage gelockert wurden.
– Die unterstellten Unternehmen bezahlen eine jährliche Bereitstellungspauschale, um die Kosten für die Bereitstellung der temporären Liquiditätsunterstützung durch den Bund mindestens teilweise zu decken.
– Die Darlehen werden marktgerecht verzinst. Der Bund erhebt einen Risikozuschlag, der je nach Risiko zwischen 4 und 10 Prozent beträgt. Mit diesem namhaften Zuschlag wird sichergestellt, dass Fehlanreize verhindert werden und die Unternehmen alles unternehmen, um sich bei ihren Eigentümerinnen und Banken zu finanzieren und nur im äußersten Notfall Bundesdarlehen beanspruchen.
– Die Kantone erstatten dem Bund die Hälfte allfälliger Verluste auf Darlehen. Im Gegenzug werden die Kantone zu 50 Prozent an den Einnahmen aus dem Risikozuschlag beteiligt.
– Wie bei UBS und CS: Nur wer systemkritisch ist, kriegt Geld vom Staat. Kleine Unternehmen sind auf sich selbst angewiesen und erhalten keine Stütze: Auf die Forderung, den Rettungsschirm für alle Unternehmen zu öffnen, kann der Bundesrat nicht eingehen. Dadurch würde faktisch eine staatliche Förderbank für die Energiebranche geschaffen. Für die Stützung nicht systemkritischer Unternehmen sind auch weiterhin die jeweiligen Eigner verantwortlich, so der Bundesrat.
– Und mehr noch: Die „systemrelevanten“ Unternehmen bzw. „systemkritischen“ Unternehmen werden zwangsgestützt: Eine rein freiwillige Unterstellung der systemkritischen Unternehmen ist für den Bundesrat kein gangbarer Weg, weil es Situationen geben kann, in denen systemkritische Unternehmen die nötige Liquidität innert der notwendigen Frist nicht mehr selbst aufbringen können und deren Konkurs zu Kettenreaktionen bis hin zu einem Systemkollaps führen könnte, welche die Stromversorgung in der Schweiz gefährden würde, so der Bundesrat, und weiter: Der Bundesrat schlägt neu aber vor, daß ein systemkritisches Unternehmen vom Anwendungsbereich des Gesetzes weitestgehend ausgenommen werden kann, wenn es auf eine kantonale Liquiditätsunterstützung zählen kann, die mit der Bundesregelung gleichwertig ist.
Das Gesetz ist auf Ende 2026 befristet. Danach soll es von anderen Regeln abgelöst werden. Dazu gehören Vorschriften, die dafür sorgen, dass wichtige Funktionen wie die Stromproduktion jederzeit weiterbetrieben werden können (Business Continuity Management), ein Gesetz zur Integrität und Transparenz des Großhandels von Strom und Gas sowie allfällige Vorgaben zur Liquidität und Kapitalausstattung.
Dem Bundesrat ist es wichtig, daß das Parlament rechtzeitig einbezogen wird. In der sogenannten Corona-Pandemie wünschte das Parlament ausdrücklich, daß der Bundesrat soweit als möglich auf Notverordnungen verzichtet und den ordentlichen Gesetzgebungsweg geht. Mit der Überweisung des dringlichen Bundesgesetzes entspricht der Bundesrat diesem Anliegen.
(rm, pd)
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