
Leserbrief von Vanessa Grand"Diskriminierung oder einfach nur unprofessioneller Journalismus?"
Eine Nachricht, die mich heute erreichte, brachte mich zum Staunen. Zum einen, weil ich erfahren habe, dass es eine Online – «Walliser-Zeitung» gibt. Zum anderen erstaunte mich auch die Art und Weise der Berichterstattung dieser Zeitung.
Die «Volksinitiative für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen», besser bekannt als die «Inklusions-Initiative», ist zu Stande gekommen. Die Bundeskanzlei hat in einer Medienmitteilung am Dienstag die gesammelten 107`910 Stimmen als gültig erklärt.
Die Meldung des Zustandekommens der Inklusions-Initiative ist erfreulich und soll auch in den Medien verbreitet werden. Dies geschah auch in der «Walliser-Zeitung». Jedoch, die Art und Weise, wie die Meldung verfasst wurde, ist für mich ein weiterer Punkt des Staunens. Auch wenn die «Walliser-Zeitung» nicht als Printangebot in die Haushalte gelangt, sind auch bei Online-Nachrichten-Angeboten journalistisches Handwerk und Professionalität grundlegend. Bei der Meldung zur Inklusions-Initiative hat der Verfasser das Gegenteil bewiesen. Es fehlt an journalistischem Können, es werden Meinungen veröffentlicht, Bewertungen und Mutmassungen getätigt und ja – es werden Menschen mit Behinderungen diskriminiert. Mit voller Überzeugung des Schreibers wird die Initiative «schlecht» gemacht und indirekt zu einem «Nein» aufgerufen. Die Argumente sind weder fundiert noch recherchiert. Einen Knochenbruch mit einer Behinderung zu vergleichen ist sowohl verachtend oder einfach nur lächerlich.
Ja, auch ich übe gerade Kritik – ich erlaube mir das jedoch an dieser Stelle. Warum? Weil ich eine Person mit einer Behinderung bin. Dies jeden Tag, seit meiner Geburt. Ich weiss, wovon ich spreche. Desweitern bin ich Behindertenparlamentarierin und sehe mich in der Pflicht, auf derartige Berichterstattungen zu reagieren. Ich bin aber ebenfalls Journalistin, mit abgeschlossener universitärer Ausbildung in Medien- und Kommunikationswissenschaften, inklusive Diplom. Somit kenne ich mich auch in dieser Thematik, sprich journalistischem Handwerk, Ethik und Professionalität aus.
Ich frage mich nun: Soll ich diese Mitteilung der «Walliser-Zeitung» nun als Diskriminierung oder unprofessionellen Journalismus verstehen? Schade, dass es eine Zeitung meines Heimatkantons ist. Schade, dass diese Zeitung ihren Sitz in Leukerbad hat, einem Reha- und Kurort, der bereits von vielen Menschen mit Behinderungen und/oder Krankheiten gutes Geld verdient hat.
Vanessa Grand, Leuk-Stadt
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