
Wokeismus treibt seltsame Blüten
Ein Kommentar von Thomas Baumann
Wie die Öffentlichkeit in den letzten Tagen erfuhr wurde gleich in zwei schweizerischen Gemeinden Mietern die Wohnung gekündigt, damit dort Asylbewerber untergebracht werden können.
Wer gestern Mittwoch Morgen die Pendlerzeitung „20 Minuten“ aufschlug, konnte dort lesen: „Ein Kündigungsschreiben der Gemeinde Seegräben ZH sorgte auf Social Media für Empörung. Darin hiess es, dass ein Mieter seine 5,5-Zimmerwohnung verlassen müsse, damit die Gemeinde dort Asylsuchende und Flüchtende unterbringen könne.“
Heute spricht man ja bekanntlich nicht mehr von „Mitarbeitern“ oder „Studenten“ – weil damit das weibliche Geschlecht gemäss weit verbreiteter Ansicht nicht mehr einfach „mitgemeint“ ist. Die männliche und weibliche Form auszuschreiben wiederum ist vielen zu mühsam und zu umständlich. Deswegen sagt man gerne „Mitarbeitende“ und „Studierende“.
Also sagte sich die Redaktorin: „Flüchtende“ passt. Dass die Gemeinde ausgerechnet „Flüchtende“ in einer Wohnung unterbringt, erinnert entfernt an den legendären Bankräuber Walter Stürm. Dieser wurde auch wiederholt in der Strafanstalt Pöschwies untergebracht, bloss um daraus zu flüchten. Dies war aber aus Sicht derjenigen, die ihn dort unterbrachten, ein Unfall – und keinesfalls Absicht.
Unweigerlich denkt man da an das Phänomen der „Nestflüchter“. (Aus unerfindlichen Gründen scheint sich Gender-Sprache im Tierreich tatsächlich noch nicht durchgesetzt zu haben.) Soll hier extra ein Nest für Nestflüchter – Pardon, Nestflüchtende – gebaut werden?
Natürlich meinte die Redaktorin etwas ganz anderes: Eine Unterkunft für Personen, die hierher geflüchtet sind – aber nicht mehr weiter flüchten wollen, weil sie ja hier in Sicherheit sind. Dafür gibt es ja eigentlich bereits ein Wort: „Flüchtling“.
Doch darf man das heute noch sagen? „Lehrling“ ist ja auch etwas aus der Mode gekommen, da sagt man heute neutraler „Lehrende“ – ähm, nein, „Lernende“.
Zudem tönt „Flüchtling“ irgendwie nach „Engerling“: Unter Gesichtspunkten der politischen Korrektheit natürlich nicht optimal.
Wie nennt man eigentlich Studierende nach Beendigung ihres Studiums? Absolventen und Absolventinnen? Absolvierte? Viel einfacher, nur mutet der Begriff heute etwas altertümlich an: Studierte.
Personen, die geflüchtet sind, nennt man hingegen: Geflüchtete. Oder „Flüchtlinge“.
Deutsche Sprache, schwere Sprache: In Zeiten des Gender-Wahnsinns mehr denn je!