Von Blockbustern und BühnenzauberWarum das Theater mehr ist als Hollywood
Eine Kolmune von Yannik Ziehli
Als sich die Türen zum Saal im Théâtre Indocile in Sion letztes Wochenende öffneten, wurde manch ein Besucher von der bescheidenen Deko und der geringen Anzahl Schauspielender überrascht.
Denn das vorzuführende Stück American Princess, welches die Karriere der amerikanischen Eiskunstläuferin Tonya Harding porträtiert, ist sowohl in seiner Erzählung als auch in seiner Darstellung komplex.
Dennoch schafften es die fünf Schauspielenden, die alle mehrere Charaktere spielten, auch das mit der Geschichte nicht vertraute Publikum in seinen Bann zu ziehen, ohne dass der rote Faden verloren ging.
Die anspruchsvolle Darstellung bietet eine erfrischende Abwechslung zu den zunehmend monotonen, einspurigen Blockbustern, die eher das Portemonnaie der Zuschauer ansprechen als deren Bewusstseinsentwicklung.
Wie einst David Foster Wallace sagte: „Das Problem ist: Etwas süchtig machend zu gestalten und etwas Wertvolles zu schaffen, sind nicht dasselbe.“
Das Theater lebt von dem, was Hollywood längst verloren hat: Unmittelbarkeit, Vielschichtigkeit und das echte, nicht berechnete Zusammenspiel zwischen Kunst und Publikum.
Im Gegensatz zur kommerziellen Filmindustrie, in der Skripte oft auf die grösste Zielgruppe optimiert werden, bleibt das Theater ein Ort der echten Begegnung.
Während in Hollywood der rote Teppich eine Barriere schafft, kommt man in Sion in die Gunst des Gesprächs mit den Stars des Abends. Ohne Blitzlichtgewitter, dafür mit Tiefgang.
Anm. d. Red.:
Wer das Theaterstück selbst ansehen möchte, kann dies noch bis zum 23. März tun.
Beitragsbild: Théâtre Indocile Sion


